MAK

Volltext: Monatszeitschrift IV (1901/ Heft 10)

der phantastischen 
Ausgestaltung en- 
ge berühren, ist 
noch allerlei unreif, 
unfertig, ja manch- 
mal in der That, 
für den oberfläch- 
lichen Beschauer 
wenigstens, con- 
structiv unbegrün- 
det. Doch darf mit 
Nachdruck be- 
Ausstellung der Künstlercolonie in Darmstadt, Tintenfass, modellirt hauptet werden, 
w" "m" dass Olbrich zuver- 
lässiger, vor allem 
ruhiger in der Farbenwirkung geworden ist. Eine besondere Freude war es 
mir, zu sehen, dass er nun in den Werken fast immer, im Kataloge leider 
nicht, auf sinnige allegorische Wirkungen verzichtet. Er hat es gelernt, 
mehr durch den Gesammteindruck, als durch Details Stimmungen zu 
erzielen. Ein sympathisches und für Olbrichs künstlerische Entwicklung 
vielversprechendes Symptom ist seine jetzige Vorliebe für gerade Linien 
und architektonisches Ornament. Wer weiss, wie qualvoll seine gekrümmten 
halbkreisförmigen Möbel gewirkt haben, welch unheilvollen Einfluss manche 
seiner Stilisirungen auf Jüngere ausgeübt haben, der freut sich bei jedem 
Vorhange in Darmstadt, der als einzigen Schmuck kleine Quadrate in netter 
Stickerei zeigt. DasWort „sobre" zur Bezeichnung künstlerischer Einfachheit, 
das man bisher für den ideenreichen Meister nicht anwenden konnte, wird 
nun bald für ihn Geltung haben. 
Der dominirende Raum bei Olbrich ist die Halle. Das Interieur ist um 
den Kamin, der an der einzigen Vollwand steht, gebaut, so dass hier der sichere 
Stützpunkt gegeben ist. Die Decke ist nicht aus Holz, sondern einfach ver- 
putzt, die Wände sind einfärbig grün getönt. Doch kommt alle Farbe, die 
das Zimmer belebt, nur von der farbig reichgestickten Portiere, die mächtig 
gross dem Hallenfenster gegenüberliegend und so stets beleuchtet, den Raum 
vom Arbeitszimmer abgrenzt. Im Zimmer ist nur das nöthigste Mobiliar: 
Bibliothek, Bänke, Armstühle. Der Raum bleibt für die Bewegung offen. 
Aller Reichthum dieses Zimmers ist auf den Kamin concentrirt. Der ist aus 
lichtem Urbanomarmor mit grossen Carneolen verziert. Ich finde dieses 
Decorationsprincip verfehlt, dagegen scheint es mir ein guter Einfall, das 
Clavier in die Höhe des zweiten Stockes zu legen, so dass man unten wohl 
die Klänge vernimmt, aber das Technische des Spieles nicht beobachten 
kann. Das anstossende Arbeitszimmer ist vom silbergrauen Ton der Moire- 
verkleidung beherrscht, also sehr ruhig. Möbel und Wandvertäfelung aus 
dunkelgrau polirtem Ahornholz unterstützen diese Wirkung. Jenseits des 

	        
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