los. Eine sehr feine Arbeit ist dann die Radirung „Mutter mit weinendem
Kind und Kuh"; Ausdruck und Stimmung stehen hier auf gleicher Höhe der
Leistung. Nicht minder tüchtig wirkt der weibliche Act mit ausgestrecktem
Arm und das Bildnis Paul Heyses. Weiter sind auch die beiden Blättervon
Felician vonMyrbach, „Landschaft im Mondenschein" und„Abendstimmung"
(beides Aluminiumdrucke) mit trefflich geschauten Bauerngestalten in
weicher I-Ialbdunkelstimmung voller Anerkennung wert, nicht minder auch
drei Radirungen von Gottfried von Kempf, darunter das prächtige Blatt
„Elternglück" und das Bildnis des Oberbaurathes Otto Wagner.
Eine Zierde der österreichischen Abtheilung bildeten sodann die
farbigen Steindrucke von Ferdinand Andri. In scharf ausgesprochener
Weise bringt er in seiner Kunst das österreichische Volksthum zur Geltung.
Schon Courbet war der Ansicht, dass der Künstler im Boden der Heimat
wurzeln müsse. Als er einmal, anfangs der Sechziger-Jahre, in einer
Münchener Ausstellung die Landschaften der Münchener Schule sah, deren
Motive überall her geholt waren, brach er in die denkwürdigen Worte
aus: „Ja, sind denn diese Leute nicht irgendwo zu Hause?" Und in den
letzten Jahren ist das Wort Heimatkunst, das in Avenarius „Kunstwart"
geprägt ward, nicht bloss zu einem Schlagworte, sondern zu einer Macht
geworden, die dem l'art pour l'art stark zu Leibe geht. Andri ist ein echter
Heimatkünstler. Seine Gestalten und seine Landschaften sind kraftvoll und
heimständig. Sicherlich hat Andri wohl daran gethan, als er, dem Rathe
Orliks folgend, sich auch der Lithographie zuwandte, denn seine farbigen
Steindrucke sind wohl noch besser als seine Ölgemälde. Besonders zu
nennen ist das prächtige „Winterbild mit der Schlittenfahrt". Zu der trefflichen
Naturbeobachtung gesellt sich eine reizvolle decorative Wirkung, welche
das Blatt zum Wandschmuck besonders geeignet macht. Ähnliche Vorzüge
haben auch die anderen Blätter des sympathischen Künstlers, so zum
Beispiel„Der Wochenmarkt" und„Der Tannenwald". Wer die Darmstädter
Ausstellung besucht hat, wird sie mit Vergnügen in den stimmungsvollen
Räumen des Olbrich'schen Wohnhauses gesehen haben.
An der Spitze der österreichischen Griffelkünstler steht der endlich
noch zu nennende Prager Emil Orlik. Beim ersten Blick auf seine diesmalige
umfängliche Sammlung von farbigen Holzschnitten glaubte man vor den
Werken eines Japaners zu stehen, der zufällig unter die Österreicher
gerathen wäre. Indes die Sache liegt anders. Orlik hat über ein Jahr lang
in Japan zugebracht, um dort Land und Leute eingehend kennen zu lernen,
und er hat sich während dieser Zeit auch mit der Technik des japanischen
Holzschnittes gründlich vertraut gemacht. Das Studium in den Werkstätten
der japanischen Formschneider hat es mit sich gebracht, dass er zunächst
sich auch an den Stil der Japaner gehalten hat, wie auch die Holzschnitte
von japanischen Druckern gedruckt sind. Dann aber hat er sich von den
japanischen Einflüssen frei gemacht und Japan mit den Augen eines
Europäers angesehen. Man weiss von früheren Werken Orliks her, ein wie