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Holzschnitte sind musterhaft; hoffentlich aber wendet sich der Prager
Meister mit seiner vervollkommneten Holzschnittechnik und seinem
Steindruck nun wieder heimischen Stoffen zu.
Ein einheitlicher Stil, etwas, wie eine gemeinsame Schule, war in der
österreichischen Abtheilung nicht zu entdecken, aber auch in den
verschiedenen deutschen Abtheilungen - Dresden, Leipzig, Berlin, der
Norden, Düsseldorf, Karlsruhe, Stuttgart, München _ suchte man ver-
geblich danach. Höchstens der Karlsruher Abtheilung gab die den meisten
Künstlern gemeinsame Technik der farbigen Lithographie, die dort durch
Kalckreuth und Carlos Grethe so thatkräftige Pflege gefunden hat, eine
äussere Einheitlichkeit. Die Zeitläufte sind nicht dazu angethan, der Kunst
bestimmte Richtlinien zu geben, wie zum Beispiel zur Zeit der Romantik;
im Leben ringen die verschiedenen Kräfte im heftigen Kampfe miteinander,
man kennt weder Ziel noch Ende; alles ist in Frage gestellt und feste
Lebenswerte sind kaum noch vorhanden. In solchen Zeiten, wo das Leben
der Kunst nicht einen festen Resonanzboden gibt, ist es begreiflich, dass
nur persönliche Kraft und individuell geprägte Anschauung sich zur Geltung
zu bringen vermag; wer darauf angewiesen ist, an gemeinsamen Lebens-
idealen und Anschauungen seine Kraft zu suchen, ist übel daran. Unter
den Karlsruhern trat uns als in sich gefestigte, kraftvolle Künstlernatur
Hans T homa entgegen, der seit nicht allzulanger Zeit von Frankfurt dahin
übergesiedelt ist. Aus seinen fünf -Blättern wehte uns deutsches Gemüth
entgegen, ganz besonders aus der Pieta, der Maria, die, mit Schürze und
farbigem Kopftuch bekleidet, mit gefalteten Händen vor Jesu Leichnam
kniet, dessen Körper auf einem Felsstück liegt, und ebensosehr aus der
Hirtenscene: ein jugendlicher barfüssiger Hirt, der, draussen zwischen Fels-
stücken unter den weidenden Ziegen, seiner jugendlichen Gefährtin mit
schüchterner Geberde ein Paar Feldblumen hinreicht. Dort der tiefe
innerliche Schmerz, hier die leise, ihrer selbst kaum bewusste Regung
erster keuscher Liebe, beides so echt und wahr empfunden, so schlicht und
überzeugend dargestellt, dass man die Empfindung einer nicht gemachten,
sondern aus innerer Nothwendigkeit entstandenen Kunst hat. In gleicher
Weise ragt unter den Stuttgartern Leopold Graf Kalckreuth hervor.
Seine drei Radirungen, „Scheuer", „Dorf", „Frau mit Schubkarren" zeigen
die liebevolle Versenkung in die heimatliche Natur, aus der der Künstler
seine beste Kraft schöpft, und seine sichere freie Technik, welche nicht
Selbstzweck sein, sondern nur dem höheren künstlerischen Zweck dienen
will. Nennen wir weiter von den Karlsruhern noch Hans von Volkmann als
einen, der imstande ist, empfundene Natur so wiederzugeben, dass auch
im Beschauer die gleich starke Naturempfindung sich regt (so in dem
Blatte „Weltentlegen") oder einer Welterfahrung überzeugenden Ausdruck
zu geben (so in dem „Weissen Raben", auf den Hunderte von schwarzen
einhacken) und nennen wir weiter noch Karl Hofer, der über ein kräftiges,
phantastisches Empfinden vegfügt, das allerdings in seinen früheren Blättern