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Volltext: Monatszeitschrift IV (1901 / Heft 12)

Stadtbilder vor den Beschauer hin. Durch 
die ganze graphische Abtheilung verstreut, 
erfreuten diese köstlichen Farbstiftbilder 
den Besucher immer von neuem, doppelt 
erfreuten sie den Dresdener, dessen Auge 
damit neue Genüsse erschlossen wurden. 
Ganz anders Klinger. Mit Recht ist jüngst 
gesagt worden, dass er seit Böcklins Tode 
ohne jeden Nebenbuhler das grösste 
lebende Genie der deutschen bildenden 
Kunst ist. Bei ihm ist nicht das Maler- 
oder Farbenauge, das sich froh in der 
Umgebung umsieht, das Bestimmende; 
vor seinem inneren Auge werden die 
tiefsten Probleme der Menschheit zu 
Gestalten und Bildern, und seiner schran- 
kenlosen Phantasie ist die Radirung das 
congeniale Ausdrucksmittel, in dem sich 
grosse Auffassung, strenges Stilgefühl und 
Kraft der Stimmung zu gemeinsamer 
Wirkung vereinigen. In dem Blatte „Integer 
vitae scelerisque purus" lebt die ganze 
geniale Kunst Klingers: Götter, Mensch- 
heit und Schicksal sind dargestellt, kalt 
und gleichgiltig thront das Schicksal 
riesengross und übermächtig über der 
Welt, in der linken das Stundenglas 
haltend, mit der Rechten die verderben- 
drohenden Kräfte des Vulkans nieder- 
haltend. Wenn er das Stundenglas wendet 
und die Hand vom Vulkan entfernt, 
Aus der Wallace Collection stürzen Götter und Menschen, über die sein 
Auge achtlos hinwegsieht; da hängen sie, 
diese Mächte menschlicherPhantasie und menschlichenAbhängigkeitsgefühls: 
Zeus, Jehova und die buddhistischen Götter, an steiler Felsenwand, zum Sturze 
bereit, und da schreitet „unbesch0ltenen Lebens und vom Verbrechen frei" 
ein jugendliches Menschenkind in die Weite schauend dem gleichen Abgrunde 
zu, den es nicht sieht. Zu Füssen des Schicksals aber breitet sich die Welt 
aus mit den Schöpfungen menschlicher Kunst - ein Haufe Ruinen im'gleichen 
Augenblicke, wenn das Schicksal es will. Das Ganze eine gewaltige Vision. 
Phantasiekunst sind auch Otto Fischers Landschaften; ihm eignet die 
Kraft, Naturstimmung und Phantasieschauen kraftvoll zu vereinigen und 
uns Nacht, Dunkel, Gewitter als innerlich erlebt im Bilde wieder vorzuführen. 
Der Künstler hat in den letzten fünf Jahren an 200 Blätter - Litho-
	        
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