Stadtbilder vor den Beschauer hin. Durch
die ganze graphische Abtheilung verstreut,
erfreuten diese köstlichen Farbstiftbilder
den Besucher immer von neuem, doppelt
erfreuten sie den Dresdener, dessen Auge
damit neue Genüsse erschlossen wurden.
Ganz anders Klinger. Mit Recht ist jüngst
gesagt worden, dass er seit Böcklins Tode
ohne jeden Nebenbuhler das grösste
lebende Genie der deutschen bildenden
Kunst ist. Bei ihm ist nicht das Maler-
oder Farbenauge, das sich froh in der
Umgebung umsieht, das Bestimmende;
vor seinem inneren Auge werden die
tiefsten Probleme der Menschheit zu
Gestalten und Bildern, und seiner schran-
kenlosen Phantasie ist die Radirung das
congeniale Ausdrucksmittel, in dem sich
grosse Auffassung, strenges Stilgefühl und
Kraft der Stimmung zu gemeinsamer
Wirkung vereinigen. In dem Blatte „Integer
vitae scelerisque purus" lebt die ganze
geniale Kunst Klingers: Götter, Mensch-
heit und Schicksal sind dargestellt, kalt
und gleichgiltig thront das Schicksal
riesengross und übermächtig über der
Welt, in der linken das Stundenglas
haltend, mit der Rechten die verderben-
drohenden Kräfte des Vulkans nieder-
haltend. Wenn er das Stundenglas wendet
und die Hand vom Vulkan entfernt,
Aus der Wallace Collection stürzen Götter und Menschen, über die sein
Auge achtlos hinwegsieht; da hängen sie,
diese Mächte menschlicherPhantasie und menschlichenAbhängigkeitsgefühls:
Zeus, Jehova und die buddhistischen Götter, an steiler Felsenwand, zum Sturze
bereit, und da schreitet „unbesch0ltenen Lebens und vom Verbrechen frei"
ein jugendliches Menschenkind in die Weite schauend dem gleichen Abgrunde
zu, den es nicht sieht. Zu Füssen des Schicksals aber breitet sich die Welt
aus mit den Schöpfungen menschlicher Kunst - ein Haufe Ruinen im'gleichen
Augenblicke, wenn das Schicksal es will. Das Ganze eine gewaltige Vision.
Phantasiekunst sind auch Otto Fischers Landschaften; ihm eignet die
Kraft, Naturstimmung und Phantasieschauen kraftvoll zu vereinigen und
uns Nacht, Dunkel, Gewitter als innerlich erlebt im Bilde wieder vorzuführen.
Der Künstler hat in den letzten fünf Jahren an 200 Blätter - Litho-