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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 2)

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ihren Schriftzügen von monumentaler Klarheit und Einfachheit, und trotz- 
dem sie durchaus selbständig und originell ist, weist sie doch keinen einzigen 
Buchstaben auf, der dem heutigen Leser fremd oder undeutlich wäre. Es 
liegt im Charakter dieser runden Schrift- 
züge, dass sich die Buchstaben nicht so 1 
eng aneinanderfügen, wie bei den gothi-   
schen Schriftzügen der Incunabeln oder 
auch bei mehreren der neuen Künstler- die  des 
schriften, die uns die beiden letzten Jahre . 
gebracht haben; die Lücken, die zwischen Deutrdlen Reldles 
den Rundungen der Buchstaben ent- 
stehen, machen ein ganz geschlossenes 
Schriftbild unmöglich. 
Die in den Text eingefügten Initialen 
Sattlers sind von grosser Mannigfaltig- 
keit und reicher Abwechslung, theils  
rein ornalnental aus Pflanzenmotiven Eckmann-Schrift, zwei Proben aus einem 
oder aus durcheinandergezogenen Bän- Annoncwwl 
dern gebildet, theils mit Figuren ge- 
schmückt, die immer zu dem Inhalt der Gesänge in Beziehung stehen. 
Hatten wir schon die Initialen Sattlers für die Städtechronik von Boos 
bewundert, so bewundern wir hier von neuem in den Zierbuchstaben die 
Phantasie und den Gedankenreichthum des Künstlers. Er weiss uns auch 
immer etwas Neues zu sagen in den zweifarbigen Zierleisten, mit denen die 
einzelnen Gesänge beginnen, und in den Schlusstücken, die sie beschliessen. 
Und er hat dafür immer neue Formen, das eine Mal eine omarnentale 
Erfindung, das andere Mal eine figürliche Scene, ein drittes Mal ein land- 
schaftliches oder architektonisches Motiv. Man erkennt aus diesen Zier- 
stücken, wie sich der Künstler in die Dichtung hineingelebt hat; die Helden- 
sage des deutschen Mittelalters gewinnt unter seiner Künstlerhand neue 
Gestalt und neues Leben. 
Für die Hauptabschnitte des Gedichtes sind Bilder in der Grösse der 
ganzen Seite eingefügt in farbiger Reproduction, die mit ihren kräftigen 
Umrisslinien, mit den grossen farbigen Flächen und den aufgesetzten 
Lichtern an die Wirkung der I-Ielldunkel-Holzschnitte der alten deutschen 
Meister erinnern. In diesen grossen Bildern will der Künstler, nach den 
wenigen fertigen Bildern zu schliessen, die Brustbilder der Hauptpersonen 
des Nibelungenliedes, wie Siegfried und Kriemhild oder Ereignisse wie die 
Meerfahrt Gunthers und Siegfrieds schildern. So schön und grossartig diese 
seitengrossen Bilder auch sind, für die nahe Betrachtung beim Lesen in dem 
Buche sind sie fast zu gross; es scheint mir, als ob sie über den Rahmen 
der Buchillustration hinausgehen und erst in grösserer Entfernung zu der 
richtigen Wirkung kommen. Doch wissen wir nicht, was uns die übrigen 
Bilder, die noch folgen, bringen werden. Den vollen Eindruck werden wir ja
	        
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