erst haben, wenn das grosse Werk abgeschlossen vorliegt, aber wir wollen
uns des Schönen und Grossen freuen, was Sattler schon fertiggestellt hat,
und stolz sein auf den deutschen Künstler, der unserem herrlichen deutschen
l-Ieldenepos neue künstlerische Gestalt zu geben weiss, und wir wollen ihm
glücklichen Fortgang des begonnenen Werkes wünschen in derselben
künstlerischen Frische und freudigen Arbeitskraft. Der Reichsdruckerei
gebürt unser Dank, dass sie das schöne patriotische Werk veranlasst hat
und auf der Höhe technischen Könnens zur Ausführung bringt (siehe
- die eingeschaltete Tafel).
Die Reichsdruckerei stellte inParis ein zweites künstlerisch ausgestattetes
Buch aus: das Märchen von Musaeus „Die Bücher der Chronika der drei
Schwestern", das in ihren Werkstätten hergestellt und bei]. A. Stargardt
in Berlin verlegt ist. Zwei Wiener Künstler: Heinrich Lefler und Josef Urban
haben den Bildschmuck entworfen und wollen, wie das Doppelmonogramm
auf den Bildern zeigt, das Werk als gemeinschaftliche Arbeit gelten lassen.
Doch kann man wohl die lieblichen Bilder mit den weichen zarten Figuren
auf Lefler zurückführen, während Urbans Stil kräftiger ist und sich ab und
zu offenkundig an Sattlers Art anlehnt, ohne jedoch dessen kraftvolle
Phantasie und Gedankentiefe zu erreichen. Schon früher hatten die beiden
Künstler gemeinsam Bücher illustrirt: „Die Rolandsknappen" von Musaeus
und Andersens Märchen „Prinzessin und Schweinehirt".
Die Bilder in der Chronika der drei Schwestern, Figürliches wie Land-
schaften und Architekturbilder, sind den Künstlern gleich gut gelungen, und
die seitengrossen Bilder sind von ausserordentlich zartem Farbenreiz. Aber
dadurch, dass die Bilder bald wie Ausschnitte willkürlich in den Text hinein-
gesetzt, z. B. auf beiden Seiten nach der Mitte zu stufenartig ausgeschnitten
sind, bald wieder der Text mitten in die Bilder in ausgesparte Flächen ein-
gedruckt ist, durch solche Willkür wird die einheitliche Wirkung von Text
und Bild zerrissen. Diese Illustrationsart, die namentlich auf den Einfluss von
Eugene Grassets Illustrationen zu dem Roman von den vier Haymonskindern
(I-Iistoire des quatre f ils Aymon, Paris 1883) zurückzuführen ist, ist im grossen
und ganzen jetzt durch den engeren Anschluss an die Vorbilder der alten
Meister des XV. und XVI. Jahrhunderts wieder überwunden. Für den Text-
druck des Buches ist zum erstenmale die neue Type verwendet worden, die
Paul Voigt, Abtheilungsvorsteher in der Reichsdruckerei, für die Reichs-
druckerei entworfen hat, eine starke Type im gothischen Charakter, von
klarer Bildung und gut lesbar, jedoch etwas breit in der Form, so dass sich
im Satz zu viele weisse Flächen ergeben (Abb. S. 69).
Die dritte neue Druckschrift der Reichsdruckerei, von dem Graveur
des Institutes Georg Schiller gezeichnet und geschnitten, hat ihre erste
Verwendung in dem Amtlichen Kataloge der Ausstellung des Deutschen
Reiches auf der Pariser Weltausstellung gefunden, dem die Reichsdruckerei
gleichfalls eine einheitliche künstlerische Ausstattung hat zutheil werden
lassen. Sieht man die Schiller'sche Type zum erstenmal, so weiss man nicht,