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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 2)

geschmackvollen Farbenzusammenstellungen der zweifarbigen Kopfbilder 
und der dreifarbigen Titelblätter. Er bevorzugt zarte Farbentöne, die er 
immer neu und reizvoll zu variiren weiss. In den Kopfbildem hat er von 
den abgedroschenen Allegorien abgesehen und frisch in das heutige Leben 
hineingegriffen, um die Gruppen der Industrie und des Handels, in die der 
Katalog zerfällt, zu bildlichem Ausdruck zu bringen; er gibt Einblicke in 
Werkstätten und Verkaufsläden, oder er setzt die gewerblichen Anlagen in die 
Landschaft hinein. Es sind gemüthvolle und phantasiereiche Bilder, die so 
entstanden sind. Freilich ist das Figürliche oft unzulänglich, und auch sonst 
sind bei der Hast der Arbeit, für die ein kurzer Termin gesetzt war, 
nicht alle Bilder in der Zeichnung genügend durchgebildet worden. 
Umrahmt sind diese Bilder von einem eigenartigen, an Seetang erinnern- 
den Ornament, dessen schwere Bildung durch den Reiz der zarten Farben 
gemildert wird. Mag man mit der Form dieses Buch-Ornamentes nicht 
übereinstimmen, so wird man doch dem Farbenreiz und dem künstlerischen 
Gesammteindruck des Buches sich nicht leicht entziehen können. Die tech- 
nische Ausführung, die infolge der reichen und mannigfaltigen Verwendung 
der Farben grosse Schwierigkeiten bot, gereicht der Leistungsfähigkeit der 
Reichsdruckerei zu hoher Ehre (Abb. S. 70). 
Eine neue Type von grosser künstlerischer Wirkung hat die Schrift- 
giesserei von Genzsch 8c Heyse in Hamburg in ihrer „NeudeutschWSchrift 
von Otto Hupp in Schleissheim hergestellt. In der Renaissance-Bewegung 
hatten Genzsch 8: Heyse die beste Schwabacher Type gegossen und dazu 
von I-Iupp ausgezeichnete Buchornamente, Initialen, Leisten und Vignetten 
im Geschmack der deutschen Renaissance zeichnen lassen, die gegenüber 
den damaligen directen Nachahmungen aus dem typographischen Formen- 
schatz der alten Meister künstlerische Selbständigkeit besassen. Die Antiqua- 
Schrift, die Genzsch 8c Heyse hernach unter dem Namen „Römische 
Antiqua" herausgaben, war die beste Antiqua, die in neuerer Zeit entstanden 
ist, und hatte ihren grossen Erfolg verdient. 
Die „Neudeutsch" von Otto Hupp ist aber eine ganz neue Bildung 
einer „Deutschen" Schrift, freilich alterthümlich, im Aussehen einer deutschen 
Schrift des XV. Jahrhunderts, aber doch in der Form der einzelnen Buch- 
staben durchaus selbständig. Nach der gothischen Schriftführung ist die 
Abschrägung am unteren Ende der Balken und auch der energische schräge 
Abstrich der nach unten über die Zeile ragenden Buchstaben gebildet, 
während die kleinen Buchstaben nach oben mehr abgerundet sind als in der 
gothischen Zeit. Die Schrift hat in den Strichen und Abstrichen ganz den 
Charakter einer mit der Feder geschriebenen Schrift, die Buchstaben sind 
sehr klar geformt und einzelne von grosser Schönheit. Ausser der neuen 
Eckmann-Schrift, auf die ich noch zu sprechen komme, wüsste ich keine 
moderne Druckschrift anzuführen, die im fortlaufenden Satz ein so schönes 
gleichmässiges und ruhiges Schriftbild ergäbe wie diese I-Iupp'sche „Neu- 
deutsch"-Schrift. Zumal in den grösseren Graden wirkt der Schriftsatz wie
	        
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