geschmackvollen Farbenzusammenstellungen der zweifarbigen Kopfbilder
und der dreifarbigen Titelblätter. Er bevorzugt zarte Farbentöne, die er
immer neu und reizvoll zu variiren weiss. In den Kopfbildem hat er von
den abgedroschenen Allegorien abgesehen und frisch in das heutige Leben
hineingegriffen, um die Gruppen der Industrie und des Handels, in die der
Katalog zerfällt, zu bildlichem Ausdruck zu bringen; er gibt Einblicke in
Werkstätten und Verkaufsläden, oder er setzt die gewerblichen Anlagen in die
Landschaft hinein. Es sind gemüthvolle und phantasiereiche Bilder, die so
entstanden sind. Freilich ist das Figürliche oft unzulänglich, und auch sonst
sind bei der Hast der Arbeit, für die ein kurzer Termin gesetzt war,
nicht alle Bilder in der Zeichnung genügend durchgebildet worden.
Umrahmt sind diese Bilder von einem eigenartigen, an Seetang erinnern-
den Ornament, dessen schwere Bildung durch den Reiz der zarten Farben
gemildert wird. Mag man mit der Form dieses Buch-Ornamentes nicht
übereinstimmen, so wird man doch dem Farbenreiz und dem künstlerischen
Gesammteindruck des Buches sich nicht leicht entziehen können. Die tech-
nische Ausführung, die infolge der reichen und mannigfaltigen Verwendung
der Farben grosse Schwierigkeiten bot, gereicht der Leistungsfähigkeit der
Reichsdruckerei zu hoher Ehre (Abb. S. 70).
Eine neue Type von grosser künstlerischer Wirkung hat die Schrift-
giesserei von Genzsch 8c Heyse in Hamburg in ihrer „NeudeutschWSchrift
von Otto Hupp in Schleissheim hergestellt. In der Renaissance-Bewegung
hatten Genzsch 8: Heyse die beste Schwabacher Type gegossen und dazu
von I-Iupp ausgezeichnete Buchornamente, Initialen, Leisten und Vignetten
im Geschmack der deutschen Renaissance zeichnen lassen, die gegenüber
den damaligen directen Nachahmungen aus dem typographischen Formen-
schatz der alten Meister künstlerische Selbständigkeit besassen. Die Antiqua-
Schrift, die Genzsch 8c Heyse hernach unter dem Namen „Römische
Antiqua" herausgaben, war die beste Antiqua, die in neuerer Zeit entstanden
ist, und hatte ihren grossen Erfolg verdient.
Die „Neudeutsch" von Otto Hupp ist aber eine ganz neue Bildung
einer „Deutschen" Schrift, freilich alterthümlich, im Aussehen einer deutschen
Schrift des XV. Jahrhunderts, aber doch in der Form der einzelnen Buch-
staben durchaus selbständig. Nach der gothischen Schriftführung ist die
Abschrägung am unteren Ende der Balken und auch der energische schräge
Abstrich der nach unten über die Zeile ragenden Buchstaben gebildet,
während die kleinen Buchstaben nach oben mehr abgerundet sind als in der
gothischen Zeit. Die Schrift hat in den Strichen und Abstrichen ganz den
Charakter einer mit der Feder geschriebenen Schrift, die Buchstaben sind
sehr klar geformt und einzelne von grosser Schönheit. Ausser der neuen
Eckmann-Schrift, auf die ich noch zu sprechen komme, wüsste ich keine
moderne Druckschrift anzuführen, die im fortlaufenden Satz ein so schönes
gleichmässiges und ruhiges Schriftbild ergäbe wie diese I-Iupp'sche „Neu-
deutsch"-Schrift. Zumal in den grösseren Graden wirkt der Schriftsatz wie