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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 2)

Ganz modern dagegen ist die neue Schrift, die Professor Otto Eckmann 
für die Rudhard'sche Giesserei gezeichnet hat, eine geniale künstlerische 
Leistung. Eckmann hatte auf Titelblättern, Buchumschlägen, Einbänden 
und geschäftlichen Empfehlungskarten schon mehrfach seine Begabung 
für das Schriftzeichnen erwiesen, es war daher ein sehr glücklicher 
Gedanke des Inhabers der Rudhard'schen Giesserei, gerade ihn für den 
Entwurf einer Druckschrift zu gewinnen. Und für den Künstler war 
es ein unschätzbarer Vortheil, dass ihm die Giesserei für diese Arbeit einen 
ihrer erfahrenen Schriftschneider an die Seite gab, so dass der Künstler in 
unablässiger Verbindung mit der Technik des Schriftschnittes bleiben 
konnte. In einem Begleitwort, das Eckmann seiner neuen Schrift auf Wunsch 
der Rudhard'schen Giesserei mitgab, spricht er selbst der Firma seinen 
Dank aus „für die unermüdliche Bereitwilligkeit, mit der sie in jahrelanger 
Arbeit die schier zahllosen Versuche mit jedem einzelnen Buchstaben 
ermöglichte. Nur auf diese Weise kann ein erspriessliches Weiterschreiten 
gewährleistet werden". Was Eckmann selbst von einer guten Schrift 
verlangt, ist Leserlichkeit und Schönheit. Und diese beiden Erfordernisse 
erfüllt seine neue Schrift zweifellos in hohem Masse. Er geht von der 
lateinischen Schriftform aus, weil diese ihm am klarsten erscheint, und 
bemüht sich, wie er sagt, ihre Härten und Unschönheiten, die sich besonders 
bei der Zusammenstellung einzelner Buchstaben ergeben, zu vermeiden. Da 
die Lettern unserer Druckschrift nicht geschrieben, sondern geschnitten 
würden, so sei die von der Entstehung der Druckschrift her vielfach 
aufgestellte Norm, die Schrift müsse mit der Feder geschrieben werden, 
hinfällig; sie könne ebenso gut mit dem Pinsel gemalt werden. Die 
bewunderungswürdige Gleichrnässigkeit des Schriftsatzes erreicht er dadurch, 
dass er den Lettern starke senkrechte Grundstriche gibt und die oberen und 
unteren Abschlüsse genau in die gleichen wagerechten Linien verlegt; alle 
Buchstaben sind möglichst genau in hochgestellte schmale Rechtecke 
eingezeichnet. Aber "die harten geraden Linien der Horizontale und der 
Verticale sind sehr glücklich vermieden durch sanfte Schwingungen und 
Schwellungen und breitere Ausläufer der Linien, die diesen Schriftzügen den 
Charakter des modernen Omaments verleihen und sie auch zugleich den 
Formen der „deutschen" Schrift nähern. Die „gähnenden Lücken" der 
Antiqua-Form der Versalien L, M, T, F, P, O sind mit feinem Verständnis 
beseitigt, ohne dass die Deutlichkeit beeinträchtigt würde. Die Versalien 
Eckmanns fügen sich ebenso schön und deutlich aneinander, wie die kleinen 
Buchstaben und ergeben ein wahrhaft monumentales Schriftbild. Ich glaube, 
gerade um der herrlichen Versalien willen hat sich die „Eckmann" so über- 
raschend schnell für Titel und Überschriften wie für Annoncensatz, über- 
haupt für Accidenzdruck eingebürgert (Abb. S. 73). Aber das schöne Ebenmass 
in den Linien ihrer Schriftzüge ruft so wundervolle geschlossene Seitenbilder 
hervor, dass man an der Brauchbarkeit der Schrift für den Druck von Büchern, 
als sogenannte Werkschrift, nicht zweifeln kann, wenn man auch von Buch-
	        
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