Ganz modern dagegen ist die neue Schrift, die Professor Otto Eckmann
für die Rudhard'sche Giesserei gezeichnet hat, eine geniale künstlerische
Leistung. Eckmann hatte auf Titelblättern, Buchumschlägen, Einbänden
und geschäftlichen Empfehlungskarten schon mehrfach seine Begabung
für das Schriftzeichnen erwiesen, es war daher ein sehr glücklicher
Gedanke des Inhabers der Rudhard'schen Giesserei, gerade ihn für den
Entwurf einer Druckschrift zu gewinnen. Und für den Künstler war
es ein unschätzbarer Vortheil, dass ihm die Giesserei für diese Arbeit einen
ihrer erfahrenen Schriftschneider an die Seite gab, so dass der Künstler in
unablässiger Verbindung mit der Technik des Schriftschnittes bleiben
konnte. In einem Begleitwort, das Eckmann seiner neuen Schrift auf Wunsch
der Rudhard'schen Giesserei mitgab, spricht er selbst der Firma seinen
Dank aus „für die unermüdliche Bereitwilligkeit, mit der sie in jahrelanger
Arbeit die schier zahllosen Versuche mit jedem einzelnen Buchstaben
ermöglichte. Nur auf diese Weise kann ein erspriessliches Weiterschreiten
gewährleistet werden". Was Eckmann selbst von einer guten Schrift
verlangt, ist Leserlichkeit und Schönheit. Und diese beiden Erfordernisse
erfüllt seine neue Schrift zweifellos in hohem Masse. Er geht von der
lateinischen Schriftform aus, weil diese ihm am klarsten erscheint, und
bemüht sich, wie er sagt, ihre Härten und Unschönheiten, die sich besonders
bei der Zusammenstellung einzelner Buchstaben ergeben, zu vermeiden. Da
die Lettern unserer Druckschrift nicht geschrieben, sondern geschnitten
würden, so sei die von der Entstehung der Druckschrift her vielfach
aufgestellte Norm, die Schrift müsse mit der Feder geschrieben werden,
hinfällig; sie könne ebenso gut mit dem Pinsel gemalt werden. Die
bewunderungswürdige Gleichrnässigkeit des Schriftsatzes erreicht er dadurch,
dass er den Lettern starke senkrechte Grundstriche gibt und die oberen und
unteren Abschlüsse genau in die gleichen wagerechten Linien verlegt; alle
Buchstaben sind möglichst genau in hochgestellte schmale Rechtecke
eingezeichnet. Aber "die harten geraden Linien der Horizontale und der
Verticale sind sehr glücklich vermieden durch sanfte Schwingungen und
Schwellungen und breitere Ausläufer der Linien, die diesen Schriftzügen den
Charakter des modernen Omaments verleihen und sie auch zugleich den
Formen der „deutschen" Schrift nähern. Die „gähnenden Lücken" der
Antiqua-Form der Versalien L, M, T, F, P, O sind mit feinem Verständnis
beseitigt, ohne dass die Deutlichkeit beeinträchtigt würde. Die Versalien
Eckmanns fügen sich ebenso schön und deutlich aneinander, wie die kleinen
Buchstaben und ergeben ein wahrhaft monumentales Schriftbild. Ich glaube,
gerade um der herrlichen Versalien willen hat sich die „Eckmann" so über-
raschend schnell für Titel und Überschriften wie für Annoncensatz, über-
haupt für Accidenzdruck eingebürgert (Abb. S. 73). Aber das schöne Ebenmass
in den Linien ihrer Schriftzüge ruft so wundervolle geschlossene Seitenbilder
hervor, dass man an der Brauchbarkeit der Schrift für den Druck von Büchern,
als sogenannte Werkschrift, nicht zweifeln kann, wenn man auch von Buch-