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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 2)

umgeht, sondern man fasst ihn aus einer gewissen Entfernung auf und 
erkennt, dass einige Theile näher, andere ferner liegen. 
Mit der Diadochenzeit als Vorstufe wäre dann die Kaiserzeit (meines 
Erachtens nicht allein die spätere) als die optisch-fernsichtige, dreidimen- 
sionale Kunstperiode zu bezeichnen. 
Auch die freistehenden Figuren waren 
in früher Zeit immer nur für einen Blick 
berechnet, selbst noch die des Myron und 
Phidias; Figuren des Skopas und Praxiteles 
mochte man schon von einigen Stand- 
punkten würdigen können; aber erst seit 
Lysipp gibt es Statuen, die volle Rundung 
haben und von allen Seiten gleich gesehen 
werden sollten. Aber es gab auch hier, 
wie wir sehen werden, eine Grenze für 
Gang am Relief: das ägyptische Relief ist 
flach, man steht so zu sagen jedem Theile 
gleich nahe; das griechische Relief rundet 
sich immer mehr, aber es bleibt immer 
noch in der Ebene; erst die spätantike Zeit 
löst es davon. Um die Figuren werden 
Furchen gezogen, ja in Constantinischer 
Zeit werden die Figuren, wenn sie auch 
Porträtkopf aus Bronze, Conservatorenpalast Selbst nicht volle Rundung habgn, an den 
Rändern unterarbeitet. Jetzt erst löst sich 
die Figur vom Grunde; die Figuren bekommen Raum zwischen sich. Aber 
doch ist die ganze antike Kunst nie darüber hinausgekommen, mehr als das 
einzelne Ding im Raum zu isoliren. Daher können noch in später Zeit die 
Figuren in - unseren Begriffen nach - ganz falscher Grösse neben oder 
hinter einander erscheinen. Darum gibt es perspectivische Verkürzungen 
bei einzelnen dargestellten Gebäuden und anderen Gegenständen, aber nie 
eine einheitliche Bildperspective. Dazu ist Europa erst seit dem XV. jahr- 
hunderte gelangt und auch Europa allein. 
Daher kommt es aber auch, dass „die spätrömische Kunst dem moder- 
nen Empfinden vielleicht ferner liegt als irgend eine andere Kunst". 
Darum erscheint sie heute auch so oft als Verfall, ja als Unkunst. Heute ist 
uns eben der Raum das Erste in der Vorstellung und in diesen Raum ver- 
setzen wir die Dinge. Der antiken Kunst fehlt die Vorstellung des Raumes 
als Vorbedingung immer, und dieses Fehlen stört uns heute dort am 
meisten, wo der Einzelngegenstand sich bereits am freiesten von der Fläche 
gelöst hat. Aber dass hier trotzdem ein ununterbrochener Fortschritt vorliegt, 
darf nicht geleugnet werden. Es handelte sich dem spätantiken Beschauer 
vor allem um das Loslösen des Einzelngegenstandes vom Raume; schon 
 
die antike Kunst. Noch klarer wird der.
	        
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