Die emsthaftesten, instructivsten und ruhigsten Ausstellungen geniessen wir immer
im Kunstgewerbemuseum. In dem stillen Lichthofe, der weniger von den mondänen
Professionals der Salons, als von den wirklichen Kennern und Liebhabern aufgesucht wird,
ist schon oft im Wandelpanorama in- und ausländisches decoratives Schaffen alter und
neuer Zeit vorbeigezogen. Neulich erschien dort schwedische Kunst zu Gast. Die Gesell-
schaft der „Handarbetets-Vänner", der „Freunde der Handarbeit", hatte Proben ihrer
textilen Bemühungen ausgestellt.
Man bekam wieder einmal einen Begriff von dem regen künstlerischen Geist im
Norden und von der energischen thatkräftigen Organisation, rnit der dort alle künstlerischen
Bestrebungen inZweckmässigkeitsform gebracht werden. In Norwegen ist es die rührige
„l-Iusllisvorening", die sorgsam darauf ausgeht, die alte Bauernkunst zu conserviren, die
Truhen, Schränke und Stühle zu erhalten und an diesen Stücken der heranwachsenden
Generation organisches, constructives, reinlich empfundenes Schaffen zu lehren. Die
I-Iusßisvorening bekümmert sich um alle Zweige der angewandtenKunst, dieser schwedische
Bund specialisirt sich dagegen nur auf die Textilkunst, auf Weben und Wirken, Sticken und
Spitzenklöppeln. Auch seine Thätigkeit ist im wesentlichen conservativ, er will die mannig-
fachen Kunstfertigkeiten, die Stil- und Nuancenverschiedenheiten der einzelnen Land-
schaften des verzweigten Landes erhalten, er will aber auch zu Neuschöpfungen anregen.
Gerade im Norden zeigt ja die Textilkunst die allergrösste Mannigfaltigkeit. Welcher
Weg ist z. B. in Norwegen von den einfachen, für verfeinerte Augen oft hart wirkenden,
roth und blau gemusterten kelimartigen Decken und Vorhängen rusticalen Ursprungs bis
zu den Gebildwebereien Gerhart Munthes und seiner Frau voll lieblicher Prirnitivität oder
zu der höchsten Steigerung dieser Kunst, zu der raffinirten Coloristik der Wandteppiche
Frieda Hansens, deren „Milchstrasse" und „Sal0me" das Entzücken der Kenner auf der
Pariser Ausstellung erregten.
Die gleiche Skala gibt es nun auch bei den schwedischen Freunden der Handarbeit,
nur mit dem Unterschiede, dass die schlichtesten geometrischen Stücke ausgeglichener
in der Farbe sind als die norwegischen, dass aber dafür auch eine so vollendete
Eigenpersönlichkeit wie Frieda Hansen fehlt.
Einen Versuch, ihrem originellen Schaffen ein Gegenstück zu bieten, stellen die
sehr theueren Hautelissegewebe dar, die modern empfundene Stimmungslandschaften,
japanisirende Naturausschnitte, in Nebel verschwommene Baumpartien darstellen wollen,
es aber doch nicht erreichen, die matten, schwimmenden. grauflüssigen Töne, die Kopen-
hagener Porzellannuancen mit der Wolle hervor zu zaubern.
Viel sicherer sind die Arbeiten im Geiste alter Vorbilder. Die tiefen, moosigen
Gobelinfarben, Altblau, Altgrün, Altgelb, werden auf Vorhängen und Wandteppichen in
delicater Übergangstönung zu satt leuchtenden Flächen vereinigt. I-leraldische Motive,
stammbaumartige Verästungen, Wappen, Laubwerk, Medaillonnischen, hochgewölbte
Nordlandsschilfe mit dem ornamental so dankbaren sturmgeblähten Segel, geben den
Schmuck dieser Gobelins.
Gerhard Heilmanns, der dänische Künstler für Porzellan und Buchschmuck, hat für
den geschmackvollen Kopenhagener Führer ein sehr apartes Vorsatzpapier entworfen mit
laufenden Hirschen. Sehr ähnlich ist ein Motiv auf Lambrequin und Shawls aus farbig
gewirkter Leinwand: Grüne Wappenhirsche in weissem Felde in leichter ungezwungener
Natürlichkeit der einzelnen Figur und dabei durch die decorative Anordnung der Gesarnmt-
composition als Fries von omamentaler Wirkung.
Originell sind auch jene anderen Leinenwirkereien, die dem Vorbilde alter Bauern-
kunst folgen und auf den Flächen der Wandbehänge eckigsteife Figuren ordnen, die
abgezirkelte Ringelreihe der Mädchen mit starrenden Glockenröcken und den Springtanz
der Bauern.
Mannigfaltigkeit und Reichthum der Arten bewundert man in der Spitzenabtheilung,
die sehr übersichtlich demonstrirt, wie völlig unabhängig voneinander, in streng conservirter