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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 4)

nach Wiener Vorbildern ausgeführt sind, die zum Teil im Österreichischen 
Museum ausgestellt waren, zum Teil in den „Wiener Kunststickereien" 
(bei Schroll) veröffentlicht wurden. 
Die von Österreich selbst ausgestellten Arbeiten gehören zweifellos 
zum Allerbesten, was die Ausstellung bietet. Die Arbeiten der k. k. Fach- 
schule für Kunststickerei und des k. k. Zentral-Spitzenkurses in Wien sind 
sowohl im Entwurfe als in der Ausführung fast durchaus bedeutend. Sogar 
die billigen Maschinstickereien aus Graslitz wirken zumeist erfreulich. 
Der Fortschritt insbesondere auf dem Spitzengebiete wird durch nichts 
so klar gemacht, wie durch einen Vergleich mit den Leistungen Plauens in 
Sachsen. Was man sich an der staatlichen Schule dieses Mittelpunktes 
erbgesessener Spitzenerzeugung unter „modern" vorstellt, würde man 
anderswo kaum dafür halten. Wie weit aber das Ausnützen alteinheimi- 
scher Kunstübung gerade auf dem Gebiete weiblicher Handarbeit heute 
gediehen ist, zeigen die von einer Plauener Privatfirma ausgestellten Arbeiten, 
bei denen der Durchbruch in Sachsen, die Reliefstickerei derselben Stücke 
in Elsass ausgeführt ist. Es kann dies ein Beweis sein, dass die örtlichen 
Überlieferungen und die ererbte Geschicklichkeit nicht so leicht ersetzt 
werden können, und dass es nötig ist, in jeder Weise auf ihre Erhaltung 
und Kräftigung hinzuwirken. Auch wir haben in Österreich vielfach eine 
solche gesunde Grundlage, und es wird ja auch tatsächlich darauf weiter- 
gebaut. 
Österreich besteht, wie gesagt, trotz der verhältnismässig geringen 
Zahl seiner Werke, die sich aus den oben angeführten Gründen erklärt, die 
Probe recht gut; es wäre noch besser gewesen, wenn Frau v. Mankiewicz 
statt ihrer allzu aufdringlichen, exotischen Landschaft ein Werk von 
bescheidenerer, aber reinerer Wirkung eingesandt hätte. Eine derartige 
naturalistisch sein sollende Landschaft, aus Malerei und Stickerei gemischt, 
entspricht doch wahrlich nicht dem modernen Empfinden, und vor allem 
auch nicht der Wiener Art, wie sie sich sonst hier zeigt: vornehm einfach, 
liebenswürdig und unbedingt gediegen. 
Gerade dadurch haben wir die Herzen in der Fremde gewonnen. 
Glücklicherweise konnte der Veranstalter der Ausstellung, Direktor Graul vom 
Leipziger Kunstgewerbe-Museum, trotz der Ungunst des Raumes den 
einzelnen Ländern fast durchaus so entsprechende Plätze zuweisen, dass 
Österreich, ohne äusserlich bevorzugt zu scheinen, nicht unbeachtet bleiben 
wird. Doch leugnen wir nicht, dass wir auch lernen können; ein Blick nach 
München, Berlin, Leipzig, Breslau und Stockholm kann uns nicht schaden; 
denn die Stickerei hat an all diesen Orten in den letzten Jahren ungeheuere 
Fortschritte gemacht. Wir haben darum in den Abbildungen auch nur 
nichtösterreichische Arbeiten gebracht; zur Vorführung der heimischen 
Leistungen wird ja wohl auch eine Besprechung der Londoner und Turiner 
Ausstellung Gelegenheit geben.
	        
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