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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 5)

jedem Cliquenwesen ferne 
stand, schweigsam durchs 
Leben ging, und seiner tiefen, 
kindlich reinen Seele immer 
neue Reichtümer zu ent- 
locken wusste. So war Kühne 
als Mensch und Künstler ein 
Lehrer, der auf tiefer ver- 
anlagte Gemüter den nach- 
haltigsten Eindruck machen 
musste. Die Lehrjahre, die 
Schwathe bei ihm verbrachte, 
waren in Anbetracht seiner 
geringen Vorbildung leider 
nur kurz, sie dauerten von 
r8go bis 1894. Aber schon 
im dritten Jahre erwarb er 
sich einen Preis für die besten 
GeSammtleiStüngt-In.  Jahr Hans Schwathe, Landmädchen 
später kam Schwathe zu 
Professor Otto König, bei dem er drei und ein halb Jahre verblieb. Königs 
Eigenart war allem Anscheine nach nicht die, deren Schwathe zu seiner 
weiteren Ausbildung bedurfte. Die glatte Form, die tadellose Linie, etwas 
Weiches, Melodiöses, das an Mozarts einschmeichelnde Weisen erinnert, 
ist für Königs Arbeiten charakteristisch, und das findet keinen rechten 
Widerhall in Schwathes Wesen. Je mehr er sich in den Geist von Kühnes 
Kunst vertieft hatte, desto schwieriger musste es für ihn sein, sich die 
Reize eigen zu machen, mit welchen König zu wirken versteht. 
Als eine der besten von Schwathes frühen Leistungen tritt uns ein Relief 
vom Jahre 1893 „Die Bildhauerei" entgegen: ein sitzender männlicher Akt 
vor einer antiken Maske. Er ist gewissenhaft modelliert und verrät in 
Haltung und Ausdruck den Schüler Kühnes. Bald darauf führt er ein anderes 
Reliefbild aus, einen weiblichen Porträtkopf, der sein Streben, Feinheiten 
des Gesichtsausdrucks zu erfassen, in erfreulicher Weise dartut. Einen 
weiteren Fortschritt bedeutet ein bewegter männlicher Akt aus dem 
Jahre 1895, eine Rundfigur, mit grosser Energie und vollem Verständnis der 
Anatomie durchgeführt, ferner ein Kinderakt, Knabe mit Hahn, der die 
weichen Schwellungen und das verschwommene Ineinanderfliessen 
kindlicher Körperformen mit lieblicher Frische wiedergibt. Ungefähr 
derselben Zeit gehört ein Porträtkopf an, vielleicht die beste Arbeit seiner 
Studienzeit, ein Landmädchen mit derb-üppigen Gesichtsformen und 
jugendfrischen, ausdrucksvollen Augen. In breiter, sicherer Behandlung hat 
Schwathe die charakteristischen Feinheiten dieses Kopfes festzuhalten 
verstanden. Kühndsche I-Ierbheit paart sich hier mit glücklichem Erfassen 
 
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