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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 5)

seiner Visionen. Man denke an das zerstörte Schwechnt oder an 
Heiligenkreuz-Gutenbrunn, wo die Fresken den gemalten Rah- 
men als unbedeutendes Beiwerk erscheinen lassen. Diese Art 
gehört ebenso wie Mölks gemalte Perspektiven (Maria Langegg, 
Stift Rein) in anderen Zusammenhang, sie ist dem bayerischen 
Künstlerkreis viel mehr vergleichbar und hat mit musikalischen 
Farbstimmungen nichts gemeinsam. Bergls Fresken in Maria- 
zell mit der wundervollen Behandlung des Stofflichen, - man 
denke an die Draperien und die farbige kulissenhafte Architektur 
- weist einen neuen Weg. läergl hat ein Gefühl für die farbige 
Fläche, die der Wand die strenge Begrenzung zu nehmen ver- 
mag. Die Säle der Schlösser Pielach und Donaudorf sind Vertre- 
ter der neuen Art. Hat einst Drenlwett im Belvedere und im 
Gartentempel von Obersiebenbrunn die Stimmung des Landes 
und der Natur in den Rlum zu bannen gesucht, so will Bergl 
den Raum zum barocken Gartenpatiillon machen. In den 
Zimmern des Schlosses Schönbrunn werden wir durch gemalte 
Palmen und Gewächse in die Atmosphäre der Glztshäuser ver- 
setzt, in Donaudorf (heute abgetragen) gestaltete der Künstler 
die exotische Welt des alrikgnischen Kontinents und im Gar- 
tenpavillon von Melk überspinnen pflanzliche Dekorationen. 
bunte Allegorien der Weltteile und Bilder der Jahreszeiten den 
ganzen Raum (1763). Der äußeren Dekoration haftet durch den 
pflanzlichen Wuchs so viel lebendige Kraft an, daß man niemals 
den Eindruck spielerischer Äußerliehkeit hat. Auch der unter 
dem EinflußBergls von Pillement gemalte Kuppelsaal des Schlos- 
ses Niederweiden gehört in diesen Zusammenhang. Obwohl die 
Art der Dekoration rein thematisch in den Rahmen des süd- 
deutschen Rokokos einzuordnen ist, kommt in ihm, durch die 
vegetative Kraft der lebendigen Natur, eine österreichische Be- 
sonderheit zum Ausdruck. 
Nach diesem letzten Höhepunkt verklingt die Entwicklung des 
Farbraumes ohne völlig abzureißen. Die Zimmer des Blauen H0- 
fes in Laxenburg mit den im Himmel schwebenden Vögeln ist 
eine der typischen Vereinfachungen des Spiitstiles. Die kleine 
Bibliothek in Hauslcitcn und die jetzt leider verbauten Zimmer 
im St. Florinner Lesehoi in Wösendorf sind ebenso durch die 
zart getönten Farben der Wände und Decken bestimmt. Selbst 
der frühe Klassizismus, der sich mit der romantischen Neugotik 
vermischt, kann - wie es die Mautner Villa in Pötzleinsdorf 
(Wien) zeigt - auf die Fatrbstimmung nicht verzichten. 
Überblickt man die Fülle der Denkmäler. von denen hier nur 
einige der bedeutendsten genannt wurden, dann kann man die 
Entwicklung einer echt österreichischen Kunstäußerung verfol- 
gen, die in ihrer Wertung bisher zu Unrecht hinter dem Hoch- 
bnrock des frühen 18. Jahrhunderts zurücktrrtt. Dem innigen 
Ausdruck der Bleifiguren Raphael Donners im Wesen vergleich- 
bar, kommt in den F.trbräumcn heimische Art zu unmittelbarer 
und schönster Entfaltung. Das spätbarocke Gesamtkunstwerk, 
die Harmonie der Farben in Raum, Bild und Fresko, sind für 
die österreichische Kunst ebenso charakteristisch wie der D0- 
naustil am Ausgang des Mittelalters. 
MEISTERWERKE DER WIENER GOLDSCHMIEDEKUNST 
Von HERMANN FI 
LLITZ 
Die Wiener Goldschmiedckunst kann auf keine kontinuierliche 
Entwicklung zurückblicken wie etwa die der süddeutschen Städte 
Augsburg und München. Auf Zeiten der Blüte folgen solche des 
Niederganges und totaler Erschlaffung. Der Rhythmus dieser 
Bewegung fällt mit der Entwicklung der Kunst in unserer Stadt 
zusammen, die ihrerseits wieder stark mit den geschichtlichen 
Ereignissen verknüpft ist. Nicht zuletzt mag in diesem Schwan- 
ken zwischen Aufstieg und Niedergang ein Grund dafür gesucht 
werden, warum der Wiener Goldschmiedekunst im Verhältnis 
zu der mancher anderen Stadt nicht selten geringere Bedeutung 
zugemessen wird. Dabei aber sind im Laufe ihrer Geschichte 
Höhepunkte zu verzeichnen, wie sie nur selten anderswo nachge- 
wiesen werden können. Dies gilt namentlich für das zweite Vier- 
tel des 14. Jahrhunderts, als die Wiener Goldschmiede die schwie- 
rige Aufgabe der Umarbeitung des großen Plattenwerkes des 
Nicolaus von Verdun im Stifte Klosterneuburg zu einem Altar 
übernahmen und dabei auch sechs Platten ergänzten. Sie sind so 
geschickt gemacht, daß sie im Verband des Altarwerkes durchaus 
nicht auffallen und in der künstlerischen Anpassung an die Tafeln 
des 12._]ahrhunderts wie auch in technischer Hinsicht voll he- 
friedigen. Ein anderer wichtiger Grund für die Verkennung der 
Wiener Goldsehmiedekunst ist das Fehlen geeigneter Publika- 
tionen über dieses Thema. Bis heute harrt das gewaltige Archiv- 
material noch der Auswertung. Ansätze dazu konnten anscheinend 
nie zu endgültigen Ergebnissen geführt werden. Daher die Fülle 
der Arbeiten, die nicht genau einzuordnen sind, die Meistermar- 
ken, die vorläufig ungedcutct bleiben-zum Teil handelt es 
sich dabei um führende Arbeiten-und die Meister, deren Le- 
bensdaten nahezu durchwegs unbckannt sind. Diese Unklarheit 
führte anderseits dazu, daß Werke in den Kreis der Wiener 
Goldschmiedekunst einbezogen wurden, die damit nichts zu tun 
haben und das Bild, das wir uns von dieser Kunst Vlliens machen 
können, nur verwischen. S0 fand ich auf dem berühmten Tafel- 
aufsatz des Kaisers Franz I. (liranz Stephan von Lothringen) im 
Kunsthistorischen Museum die Signatur des Künstlers P. I. Fon- 
son und die Datierung 1755. Es handelt sich daher um eine bel- 
gische Arbeit ganz im französischen Geschmack, nicht aber, wie 
man bisher glaubte, um ein Werk der beiden Wiener Christoph 
Würth und Johann Schmalccker. Auch solche negative Fest- 
stellungen klären das Bild. Denn ein derartiges Werk als Wie- 
ner Arbeit bedingte für die Wiener Goldschmiedekunst des 
18. Jahrhunderts die Annahme eines intensiven französischen 
Einflusses, was nicht ganz den Tatsachen entspricht. 
Die Wiener Goldschmiedekunst des 17. Jahrhunderts stand un- 
ter dem bestimmenden Einfluß der Augsburger Meister. Die 
dort geschaffenen Werke erfreuten sich höchster Wertschätzung. 
Es ist daher verständlich, daß man sich an den Stil dieser Mei- 
ster anlehnte und ihm möglichst nahezukommen trachtete. Wien 
hat in dieser Phase kaum Leistungen aufzuweisen, die sich mit 
den Augsburger Vorbildern messen könnten. Dieses Verhältnis 
ändert sich erst, als mit dem Ende der Türkenkriege die Barock- 
kunst in den österreichischen Länderkomplexcn ihren raschen 
und gewaltigen Aufschwung nahm. Sie griff auf alle Bereiche 
des künstlerischen Schaffens genauso, wie alle Bevölkerungs- 
schichten davon erfaßt wurden. Die breite Streuung der künst- 
lerischen Tätigkeit fand ihr Gegengewicht in den höchsten 
Qualitäten, die für Hof, Adel und die hohe Geistlichkeit geschaf- 
fen wurden. 
Während aber die Goldschmiedekunst des westlichen Österreich 
dem süddeutschen Einfluß verpflichtet blieb, ging XVien eigene, 
neue Wege. Es ist bezeichnend, daß die Anregung dazu nicht 
von den Goldschmieden ausging, sondern von den führenden 
Architekten. Matthias Steinlc, Lorenzo Mattielli und anscheinend 
auch Johann Bernhard Fischer von Erlach lieferten Entwürfe 
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