kenntlichen Einfluss gemalt worden sei. Der Vergleich der Bilder dieser
Handschrift mit dem einen, eine solche Ausnahmsstellung einnehmenden
Blatte des Manuskriptes 1840, ergibt nun die Tatsache, dass sie unter dem
Einfluss derselben Werkstätte entstanden sind. Darauf weist nicht nur
im allgemeinen die grosse Ähnlichkeit der Konzeption, sondern auch völlige
Übereinstimmung in Einzelheiten hin, wie namentlich der Vergleich der
entsprechenden Darstellung (Verkündigung) des cod. 1855 (Fol. 25 b) lehrt.
Besonders auffällig ist die ganz gleichförmige Darstellung der Flügel des
Engels Gabriel, die an den Ansätzen beiderseits weiss, in den Ausläufern mit
Gold und Pfauenaugen-Mustern versehen sind; ferner die gleichen Muster
der Gravierung des (goldenen) Nimbus der Marienköpfe, Blatt 27 der Hand-
schrift 1840 ist freilich die minder gelungene Nachbildung. Durrieu hält dafür,
dass die übrigen Bilder von der Hand des vielfach tätigen Miniaturisten
Jacques de Besancon stammen. Dann ist natürlich die Vermutung, dass der
auf Blatt 130 genannte Johannes Parvi (Jean Petit), der früher als Meister
jener Miniaturen galt, das Manuskript illuminiert habe, hinfällig.
Das neben dem mehrfach erwähnten Blatte 27 reproduzierte Bild (26 b)
zeigt den Unterschied, der diesen Meister von der Schule trennt, aus der
die Illustrationen zu cod. I855 und Blatt 26b unserer Handschrift hervor-
gierigen: er erstreckt sich auf Umrahmung sowie Vortrag und Kolorit (beide
viel ruhiger). Bei der Architektur erscheint die graue Steinfarbe; die Vor-
würfe sind, wie gerade Blatt 26 b bestätigt, mit Würde behandelt. Während
Papst Gregor mit zwei Geistlichen eine Messe liest, erhebt sich Christus, von
einem Engel gestützt, aus dem Grabe. An den Wänden sind Gegenstände,
die sich auf die Passion beziehen, angebracht; auch Hahn und Würfel fehlen
nicht? In den kreisrunden Medaillons links und auf dem unterenRande Gruppen
von Geistlichen und Laien im Gebete. Als charakteristische Probe sowohl
für die prachtvolle Randornamentation, wie für die tiefe Auffassung
figuraler Darstellung, die denselben Meister (also, wie Durrieu will, Jacques
de Besancon) auszeichnet, diene eine Abbildung des Blattes 18b mit der
überaus sinnig dargestellten Maria, die das Jesuskind küsst, während auf
dem das Kniestück umgebenden blauen Grunde zarte, auf der Reproduk-
tion leider nicht genau zu unterscheidende Engelsköpfe erscheinen. Dasselbe
Motiv - bewegte Gestalten in mattem Weiss auf blauem Grunde - hat,
wie wir bereits sahen, in den mächtigen Initialen des Evangeliars des
Johannes von Troppau reiche Anwendung und Entwicklung erfahren.
Ornamentation von grosser Feinheit und rein französischem Geschmacke
findet sich auch in einem kleineren, aus der ersten Hälfte des XV. Jahr-
hunderts stammenden französischen Gebetbuche (cod. 2655, vgl. Waagen
II, 75). In den Randverzierungen und Initialranken erscheinen Blätter und
' Eine prächtige, sich freilich nicht in so vielen Einzelheiten ergebende Darstellung der Messe des
h. Papstes Gregor, dem in wunderbarer Vision beim Messopfer der vom Kreuz hersbgestiegene Heiland erschien
f einer der beliebtesten Vorwürfe der christlichen Kunst - fmdet sich auch in dem noch später zu besprechen-
den Gebetbuch Maximilian l. (cod. 1907).