haben den Herrscher wohl gebeugt, sein tiefes Gemüt aber auch läutemd
beeinflusst. Jene Befriedigung, die die äussere Politik und das Kriegsglück
nicht gewährten, suchte und fand er in der Beschäftigung mit der Poesie
und der bildenden Kunst. Diese seine Betätigung weist einen stark
persönlichen Einschlag auf. In einer Schäferidylle umwebt er sein Liebes-
verhältnis zu Jeanne de Laval mit dichterischem Schleier. Der philosophische
Traktat „L'abuse en cour" ist ein Echo der ihm durch Ludwig XI. gewordenen
Enttäuschungen; in ähnlicher Weise entsprach die Schrift „Mortifliement de
vaines plaisances" der gottergebenen Stimmung, mit der sich der alternde
König auf sein Ende vorbereitete.
Der Rückblick auf diese schriftstellerische Tätigkeit allein genügt nicht,
die Bedeutung seines Hauptwerkes, des Romans „Livre du coeur d'amour
epris", der ja gleichfalls persönlichen Verhältnissen Rene's seinen Ursprung
dankt, vollkommen zu verstehen. Es steht fest, dass Rene sich selbst als Maler
betätigte, und wenn schon nicht künstlerischer Führer, so gewiss anregen-
der Gönner einer Gilde war, unter der sich die französischen Meister: Pierre
de Villant, Colin Descourtils, Jean Chapuis, Pierre Garnier, die Niederländer
Barthelmi de Clerc und Coppin Delf befanden. Möglicherweise hat Rene
auch die Goldschmiedekunst betrieben; bezeugt ist, dass er für Werke der
Plastik und Architektur Entwürfe und Pläne lieferte. Selbstverständlich hat
der eifrige Kunstfreund sich auch als Sammler betätigt und seine Schlösser
mit Bildern, Miniatur-Handschriften, Prachtwaffen, Teppichen u. s. w.
geschmückt. Ein begeisterter Freund der Natur, legte er herrliche Gärten an,
und es wird berichtet, dass der „arkadische König", um drei Jahrhunderte
den Trianonszenen vorauseilend, mit seiner geliebten zweiten Gattin Jeanne
den Schäfer gespielt, die Fluren durchschritten und Lieder gesungen habe."
Alle diese Momente literarischer, wie künstlerischer Entwicklung des
Königs muss man zusammenhalten, wenn man das ganz einzig dastehende
Exemplar seines I-Iauptwerkes, des Romanes „vom liebebefangenen Herzen",
von dem Waagen behauptet, es sei „die schönste ihm bekannte Veranschau-
lichung eines solchen allegorischen Romans" (cod. 2597), entsprechend
würdigen will. Als Vorbild für den allegorischen Inhalt diente jenes Werk,
das zwei Jahrhunderte hindurch die mittelalterliche Literatur Frankreichs
beherrschte, der berühmte Roman „de la Rose", den Guillaume de Lorris
(gestorben circa 1230) begonnen und Jean de Meun, genannt Clopinel, fort-
gesetzt hat. Rene hält sich vollständig an den ideal veranlagten Guillaume,
wie denn auch die allegorischen Figuren seines Romans fast völlig diesem
entlehnt sind; der Realismus und die Satire des Jean de Meun sind Rene
fremd. Wie der königliche Verfasser dazu kam, das Werk zu schaffen, sagt
er in einem an Johann II., Herzog von Bourbon, gerichteten Nachwort, das
sich allein in derWiener Handschrift findet. Die Allegorien stellen sein eigenes
t Porträts des (bejahrten) Königs und dieser seiner zweiten Gattin in dem Werke: La Maison de Laval
1020-1605 par le comte Benrand de Broussillon, Paris III (igoo), 230. Daselbst p. 235 auch bibliographische
Angaben über Beiträge zur Ikonographie Renes und Jeannefs.