bedarf kaum einer Erwähnung; wohl aber mag darauf hingewiesen werden,
dass das von Waagen der Chronikhandschrift gezollte Lob, sie führe die
Pracht und Herrlichkeit des glanzliebenden burgundischen Hofes vor, auch
dem Girard-Manuskript gespendet werden kann.
Dass Strahlen jenes Glanzes, der einst Philipps Hof umgab, auch in
unsere nüchterne Gegenwart hereinleuchten, daran erinnert uns so recht die
Handschrift, welche die Statuten des bekanntlich von jenem Herzog gegrün-
deten Ordens vom goldnen Vliess, die Porträts der Grossmeister und Wappen
der Ritter enthält. Dieses Prachtmanuskript, dessen umfangreichster und
ältester Teil zwischen 1518 und 1531 entstand (cod. 2606), ist eine der wenigen
Handschriften der Wiener Hofbibliothek, die sowohl in ihrem illustrativen
Schmuck wie auch ihrem Texte nach eine fast abschliessende Bearbeitung
und Erläuterung erhalten haben; wir verdanken diese Arbeit Theodor v.
Frimmel, sowie Joseph Klemme, dem durch ein unerbittliches Geschick der
Forschung und seinen Freunden so früh entrissenen Wiener Heraldiker."
Einer Diskussion über wichtigere, diese Handschriften betreffende Fragen
bedarf es daher nicht mehr; die durch Waagen erfolgte Zuweisung der
Bilder an die französische Schule wird sofort hinfällig, wenn man die Rand-
omamente betrachtet, die durchaus niederländisches Gepräge aufweisen.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit kann, wie Frimmel zeigte, auf Brügge als
Entstehungsort geschlossen werden.
Die von uns reproduzierten Porträts und Textomamente sind dem älteren
Teil der Handschrift entnommen. Maximilian I. - wer würde ihn nicht
sofort wiedererkennen? - erscheint in vorgerücktem Alter dargestellt. Das
lange, gänzlich ergraute Haar, fast bis zu den Schultern reichend, ist gerade
abgeschnitten. Der Kaiser trägt ein schlichtes schwarzes Barett, ein ebenso
schmuckloses schwarzes Wams, um das ein Mantel aus reichem Goldbrokat
mit breitem Pelzbesatz geschlagen ist. Auf den Schultern ruht die Ordens-
kette. Die Randverzierung ist hier, wie auch bei den andern Porträts und
manchen Seiten des Textes, von ganz besonderer Schönheit. Auf mattem
Goldgrund gewahrt man bunte Pflanzen und Tiere in geschmackvoller
Anordnung. Der Rahmenschmuck auf der gegenüberstehenden Seite um-
schliesst Maximilians Wappen, das von zwei blauen Streifen flankiert wird;
auf diesen erscheinen braune, goldgehöhte Kandelabersäulchen, in deren
Mitte je ein tragender Putto angebracht ist. Auf der Basis jederseits das
Monogramm Christi INS (für IHS).
Das Bildnis des jugendlichen Karl (V.) zeigt uns den Herrscher im Halb-
profil. Auf dem schlichten, hellbraunen Haar, das bis an den Nacken reicht,
ruht ein breites schwarzes Barett, mit schwarzem Bande, grosser Medaille,
kleinen Rosetten und goldnen Stiften verziert. Auf der goldnen, am Rande
mit Perlen besetzten Medaille sieht man unter einer Art Königskrone das
Feuereisen des Vliessordens zwischen zwei C (Charles); dieser Buchstabe ist
auch auf den Rosetten sichtbar. Die Umrahmung zeigt eine Anzahl von
"' Jahrbuch V, 263 bis 338.