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Knospen und Blumen, ferner Früchte, Raupen, Vögel und Schnecken in
bunter Ausführung; ähnlich ist die Randverzierung der gegenüberstehenden
Textseite mit dem Wappen Karls, hier wieder mit Streifen umgeben, auf denen
Kandelabersäulchen zu sehen sind.
Frimmels Forschungen haben ergeben, dass das Bildnis Maximilians I.
indirekt auf ein Original des Lukas von Leyden zurückgeht. Für Karls Porträt
diente als Vorlage ein jetzt in den historischen Sammlungen von Versailles
aufbewahrtes und (irrig) Albrecht Dürer zugeschriebenes Bild.
Ein Gegenstück zu Karls V. jugendbildnis in diesem Statutenbuch bietet
die Handschrift, welche die von Remy du Puys verfasste reich illustrierte
Beschreibung des 1515 stattgefundenen Einzugs des fünfzehnjährigen Prinzen
Karl in die Stadt Brügge enthält (cod. 2591). Es leidet keinen Zweifel, dass
wir in der Wiener Handschrift das vom Verfasser dem Prinzen zugedachte
Widmungsexemplar des Werkes „Entree . . . redigee en escript par maistre
Remy du Puys son (nämlich des Prince Monseigneur Charles) tres-humle
Indiciaire et historiographe" vor uns haben. Sie diente ja auch sicherlich dem
Paris 1515 erschienenen Druck als Vorlage."
Es dürfte nicht viele Miniaturhandschriften geben, die durch zeit-
genössische Zeugnisse so eingehend erläutert werden, wie unser Exemplar
der Entree. Du Puys hat dafür gesorgt, dass jede Einzelheit der Vorgänge
beim Einzug getreulich berichtet werde, und gewiss die "Herstellung der
bezüglichen Bilder überwacht. Ausserdem besitzen wir ein sehr aufschluss-
reiches, aus dem jahre 1515 stammendes Dokument: Huutgheven ende
betalinghe ter causen vanden costen ghedaen ter eerster ende Blyder Incomste
van onsen harden gheduchten heere ende prince den eerdshertoghe Kaerle,
prince van Castillenf" das heisst das Verzeichnis der Ausgaben, welche der
Einzug des Prinzen der Stadt Brügge verursachte. Diese merkwürdige alt-
holländische Expensnote verzeichnet aufs Genaueste die Kosten, welche
die Ausschmückung der Kreuzpforte (die man auf unserem Bilde sieht), das
Behängen derselben mit blauem Tuch, das Anbringen der Wappen und
Fackeln beanspruchten. Ferner die Ausgaben für dieLeuchter auf den Strassen,
die Zimmermanns- und Malerarbeit, den Aufwand für Wachslichter und
Linnen, für die Trompeter u. s. w. u. s. w. Auch Remy du Puys „historiographe
van onsen . . . prince" erhält 5 Pfund Groschen, weil er Triumph und Einzug
„in walsche" (französisch) beschrieb. Selbstverständlich ist hiemit unsere
Entree gemeint.
Es wäre nun eine ebenso dankbare wie verlockende Aufgabe, an der
Hand dieser Ausgabenliste und besonders unter Berücksichtigung der Be-
richte unseres Historiographen den künstlerisch und mehr noch kultur-
historisch bemerkenswerten Bilderschmuck der vorliegenden Handschrift zu
" Mir steht nur der im Recueil de Chroniques, Charles et autres Documenta concernnnt PI-Iistoixe . . .
de 1a Flandre Occidentnle, Serie III. 6, Bruges (1850) erschienene Nachdruck zur Verfügung.
""" Gachard, Louis Prosper: Collecxion des Voyages des Souverains des Pays-Bas, Bruxelles II, 1874,
531-543-