vermag, selbst unter drückenden äusseren Umständen, dafür zeugt die Geschichte des
Nürnberger Museums; aber auch für die bestimmende Macht grosser starker Persönlich-
keiten, wie Aufsess und Essenwein waren, von denen vor allem der letztere in zäher,
unerhört vielseitiger Arbeit, unter rücksichtsloser Einschränkung des allzu weit gesteckten
Rahmens des Aufsessschen Programmes, die unübertrefüich reiche Fülle der Museums-
sammlungen zusammengetragen und in feste, für Gelehrte und Laien fruchtbare Ordnung
gebracht hat. Durch österreichische Vermittlung ist August von Essenwein, der vom
Kreise Eitelbergers hochgeschätzt eine zeitlang in Wien und Graz gewirkt hatte, nach
Nürnberg gelangt, Jakob von Falke, in jungen Jahren, von 1855 bis x858 Sekretär und
Konservator des Germanischen Museums, hat ihn dahin empfohlen; Falkes „Lebens-
erinnerungen" enthalten eine liebevolle interessante Schilderung derAntT-inge des Museums.
Auch sonst sind der Beziehungen Österreichs zum Germanischen Museum viele; nicht
nur enthält es, wie natürlich, zahlreiche Zeugnisse österreichischen Kunstüeisses und
viele hervorragende Dokumente zur Geschichte des Reiches, auch direkte Förderung ist
dem Museum aus Österreich in reichern Maasse zuteil geworden. Auf Allerhöchsten
Befehl erhielt dasselbe von x885 bis rgoo aus den Mitteln des Oberstkämmereramtes
Subventionen für die allgemeinen Zwecke des Museums und mit der speziellen Widmung
zur Pflege der historischen Erinnerungen des Allerhöchsten Erzhauses; die österreichische
Pflegschaft weist viele beitragende Mitglieder des Museums auf, darunter auch die
Stadt Wien. Höchst anregende literarische Festgaben hat der Verein für Geschichte
der Stadt Nürnberg und das Germanische Museum selbst in seiner vom Konservator und
Bibliothekar Dr. Hampe verfassten Festschrift geliefert. E. Lg.
ERLINER DEKORATIVE CHRONIK. Die „Grosse" Berliner Kunstaus-
stellung hat auch in diesem Jahre das Kunstgewerbe zu Gast gebeten. Aber der
Eindruck war ähnlich wie in den letzten Jahren; Bekanntschaften neuer Namen wurden
vermittelt, aber die Begegnung blieb meistens recht konventioneller Natur und hinterliess
wenig nachhaltigen Eindruck. Es ist seltsam, dass dieselbe Ausstellung, die früher das
Vorhandensein der angewandten Künste überhaupt ignorierte, jetzt als Reaktion gegen die
einstige Sprödigkeit für jeden, der aus Möbeln ein Zimmer zusammensetzt, die Herzen
und die Türen aufhält.
An der Mehrzahl dieser Interieurs kann man erkennen, wie heute das Schema einer
modernen, nicht persönlichen, sondern eklektischen Einrichtung ist.
Ein Prinzip scheint dabei allgemeine Geltung erlangt zu haben, das Ensembleprinzip.
Nicht das Möblieren, sondern der innere Ausbau eines Raumes wird das Ziel. Und alle
leitet dieErkenntnis, dass das Möbel nicht nur seinen Sonderzweck zu erfüllen hat, sondern
auch eine dienende Funktion in der Raumeinteilung einnehmen muss. Auf Türen und
Fenster wird dabei jetzt endlich mehr geachtet als früher. Sie werden organisch in die
Gesamteinrichtung einbezogen, sie wirken nicht mehr als störende Einschnitte, sie sind
wie die Möbel ein richtig placierter Zimmerschmuck geworden: die Türen schöngegliederte
Paneelfillungen, die Fensterbucht ein behaglich disponierter Sitzwinkel. Und durch-
gedrungen ist die Überzeugung von dem praktischen und dekorativen Wert des einen
grossen, mit weissem Sprossenwerk geteilten Fensters, gegenüber den zwei schmalen,
die Wand zerreissenden und die Ecken zerstörenden, die nur die Fassade bereicherten.
Es ist ein erfreuliches Symptom, dass diese innenarchitektonischen Erkenntnisse, die
trotz ihrer scheinbaren Selbstverständlichkeit so lange vergessen waren, in diesen Räumen,
die sonst absolut nichts Hervorstechendes haben, sichere Anwendung fanden.
Besonders gelungen in solcher Ensemblewirkung ist das Kimbefsche Herrenzimmer
in grauem Holz. Hier ist konsequent jedes Möbel gleichzeitig Architekturglied. Die Biblio-
thek versieht Paneelfunktion und entwickelt im organischen Übergange aus sich die
Türen. Der Schreibtisch schatlt sich mit seinem rechtwinkelig angegliederten Anbau
für Handbücher und Zeitschriften eine umzogene, eingehegte Ecke, ein Studiogehäus