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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 8 und 9)

beflügelte, schmetter- 
lingumflatterte, allego- 
rische Figur der „Liebe" 
drängen, um sich an den 
Fruchtspenden zu betei- 
ligen. DieEinführung ei- 
nes neutral grauen Klei- 
des als Hauptnote in der 
Mitte des farbenfrohen 
Bildes, gerade wo man 
die stärkste Farbe er- 
warten würde, ist ent- 
schieden ein glücklicher 
Einfall. Die zwei kleinen 
Gestalten in Florentiner 
Kostüm links im Hinter- 
grunde stellen wieder 
den Künstler selbst und 
seine Braut vor - eine 
Manifestation von lie- 
benswürdigem Egois- 
mus, welche bei Byam 
Shaw nicht selten anzu- 
treffen ist und Welche 
man ihm kaum übel- 
nehmen kann. 
Des Künstlers echt 
schottischer, trockener 
. Humor findet seinen 
besten Ausdruck in dem Gemälde „Die Wahrheit". Leider geht in der Repro- 
duktion manches Detail der Allegorie verloren, wie zum Beispiel die drän- 
gende Volksmasse, welcher im Hintergrund von einer Schar BewaHneter 
der Zutritt zu der nackten Wahrheit verwehrt wird. Köstlich sind die 
Gestalten des schlau schmunzelnden Königs, der beiden boshaft flüsternden 
Höflinge und des die Lampe der Wahrheit prüfenden Narren. Der Grund- 
gedanke ist natürlich, dass die nackte Wahrheit verkleidet und zugerichtet 
werden muss, ehe man dem Volke Zutritt gestatten kann. 
Aus all diesen Bildern kann man ersehen, dass Byam Shaw ein selten 
gedankenreicher, phantasievoller Maler ist, doch ist sein Genie durchaus 
literarischer Art. Künstlerische Abstraktion ist nicht seine starke Seite und 
alles, was er malt, ist rein körperlich. Die Gedanken fliegen bei ihm weit über 
die Erscheinungswelt weg; in der Ausführung klebt er an der Scholle. Sein 
Heiland in „Christus der Tröster" weist auf das Atelier-Modell, seine Engel 
sind buntbeflügelte Menschen, das Übernatürliche findet bei ihm keinen 
Byam Shaw, „Die Rosen sind so rot"
	        
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