Franz Windisch-Gruetz
DAS JAGDHAUS HOCHREITH -
ZUR STILANALYSE DER RÄUME
VON JOSEF HOFFMANN
Als sich die führenden Künstler der neuen Rich-
tung um die Jahrhundertwende gegen den Histo-
rismus wandten, den sie als „Maskentaumel"' be-
zeichneten und auf das schärfste ablehnten, über-
sahen sie. daß diese von ihnen so verachtete Ein-
stellung einst selbst als Reformbewegung begonnen
hatte. Träger dieser aus dem Formenschatz der
großen Stile der Vergangenheit schöptenden Kunst-
auffassung war das damals auf breiter Front zu
Einfluß und Reichtum gelangte Bürgertum. tm
Vollgetuhl ihrer Position empfand sich diese
Gesellschaftsschicht als eine neue Aristokratie. Sie
erachtete daher für die Neutormung ihres Milieus
jene nachmittelalterlichen Stile als vorbildlich, die
als Höhepunkt adeliger. feudaier Lebensart gal-
ten. Gerade diese Einstellung erregte den Zorn
der Jungen Generation. die daraufhin mit der ihr
eigenen Härte gegenüber den Leistungen der
unmittelbaren Vorgänger die ganze Epoche als
parvenühaft verurteilte.
,.Der Bürger von heute", so heißt es im Arbeits-
programm der Wiener Werkstätte? ..ebenso wie
der Arbeiter, müssen den Stolz besitzen, ihres
Wertes voll bewiißl zu sein, und dürfen nicht mit
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ganz gerecht zu werden . . . Solange nicht unsere
Städte, unsere Häuser, unsere Räume, unsere
Schranke, unsere Geräte in schlichter, ein-
facher und schöner Art den Geist unserer eigenen
Zeit versinnbildlichen, sind wir unendlich weit
gegen unsere Vorfahren zurück, und keine Lüge
kann uns über alle diese Schwächen täuschen."
Damit tritt ein neucirtig revolutionärer Aspekt auf.
und im Text klingen sozialkritische Tendenzen
an. Daneben steht gleichbedeutend die Forderung
nach zeitgemäßen Formen, was Hoffmann damit
begründet. daB er es als das höchste Gut des
Menschen bezeichnet, .,selbst etwas zu wollen und
selbst etwas Neues und Eigenes zu schaffen"?
Man will sich zwar, was die Qualität der eigenen
Arbeit betrifft, mit den besten Leistungen vergan-
gener Jahrhunderte messen, im Formaten aber die
Kontinuität unerbittlich abbrechen. Revolutionäres
Aufbegehren und Wunsch nach Schönheit ver-
binden sich trotz aller Schwierigkeiten, die den
jungen Künstlern im Wege stehen, zu einer Grund-
stimmung des Optimismus, den Hoffmann in
folgende Worte kleidet: "Wenn wir wieder be-
ginnen, uns mit Schönheit zu umgeben - mit
selbstbewußter Schönheit. nicht mit erborgter.
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