Ausstellung in Turin, Zimmer von Rich. Kimbel. Berlin
eingewurzelte Neigung zu den Stilprinzipien der Renaissance und insbe-
sondere des Barock. Das bezeugt schon die auffällige Tatsache, dass beispiels-
weise kein einziges Möbel der ganzen italienischen Sektion sich etwa an die
guten konstruktiven alten Bauernmöbel anlehnt, denen man in Piemont und
der Lombardei vielfach begegnet, oder an die hübschen Spätempire- und
Biedermeiermöbel, die man namentlich in alten Landhäusern häufig antrifft;
überall sonst hätte man derartige naheliegende Anknüpfungspunkte für eine
moderne Formgebung freudig aufgegriffen: im italienischen Geschmacksleben
aber ist die Empfänglichkeit für die Reize solcher einfacher, klarer, zweck-
mässiger Formen durch die Neo-Renaissance und das Neo-Barock der letzten
Jahrzehnte mit Stumpf und Stil ausgerottet worden.
Nationalpolitische Ideen, die sich in Italien mehr als anderswo mit dem
ganzen Geistesleben verweben, mögen da mitgespielt haben: das Spätempire
und der Biedermeierstil erinnerten an traurige Seiten der Vaterländischen
Geschichte, Renaissance und Barock an die glanzvollste Epoche der Nation.
Die Tatsache aber, dass diese beiden Stile daher im eminentesten Masse
national genannt werden dürfen, berechtigt keineswegs dazu, sie zur Basis
der Moderne zu machen. Denn das nationale Moment kann im modernen
Kunsthandwerk nur von sekundärer Bedeutung sein; die kunstgewerbliche