MAK

Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 8 und 9)

barkeit im Rahmen einer 
modernen Innendekoration, 
aus Leonardesken Fresko- 
malereien des Mailänder 
Kastells geholt hat. 
Ein ähnlicher, wenn 
auch minder naher An- 
schluss an die Kunstweise 
früherer Epochen lässt sich _Ausstellung in Turin, Salzfässer, Silber, von der „Guild of 
an dem ausgezeichneten, "Indicrefwvl-ßndßn 
einigermassen an englische 
Barockformen anklingenden Speisezimmer-Mobiliar konstatieren, das das 
Florentiner Haus Marshall Cutler 8: C. Girard für die Ausstellung der „Arte 
della Ceramica" geliefert hat. 
Entschieden am weitesten hat auf der Suche nach einem derartigen 
Anknüpfungspunkt der Mailänder C. Bugatti in der Kunstgeschichte zurück- 
geblättert. Nachdem er jahrelang aus phantastisch gedrechseltem Holz, 
klirrenden Metallplättchen, rosschweifähnlich wehenden Seidenfransen und 
trommelfellartig gespannten, bei der Benützung erschreckend dröhnenden 
Schweinshäuten allerhand abenteuerliches Mobiliar konstruiert hatte, das an 
unverständliche exotische Geräte gemahnte, seine eigentliche Bestimmung 
aber stets aufs Geheimnisvollste versteckte, ist Bugatti nunmehr auf den 
Einfall gekommen, seine kühne Einbildungskraft einmal von den alten 
Ägyptern, oder, wo diese selbst ihn im Stiche liessen, von den Theater- 
dekorationen zu „Aida" und anderen am heiligen Nil spielenden Opern 
anregen zu lassen. Dabei ist er seiner Vorliebe für die zackigen Blech- 
beschläge, die einem allerorten die Fäden aus den Kleidern zupfen, für das 
Pergament, mit dem er nunmehr auch das gesamte Holzwerk verkleidet, 
ebenso treu geblieben, wie der souveränen Abweisung der primitivsten An- 
forderungen, die Zweck und Gewohnheit an Möbelformen stellen. So be- 
festigt er an dem unteren Ende eines G-förmigen Gestelles eine wagrechte, 
am oberen Ende eine senkrechte, tambourinartige Scheibe und glaubt 
damit einen - Stuhl geschaffen zu haben! Dasselbe System von Scheiben 
und wunderlichen Schnörkeln gibt, ins Gigantische gesteigert, ganze Raum- 
ausstattungen ab. In einem polygonalen „Salon" bilden mächtige kreisrunde 
Scheiben, senkrecht nebeneinandergestellt, die Lehnen niederer ringsum an 
den Wänden angebrachter Bänke, zwischen denen würfelförrnige Schachteln 
- Tischchen! - stehen; inmitten des Raumes liegt ein ungeheueres 
Schneckengehäuse, das sich dank zweierkleiner Fensterscheiben als - Nippes- 
vitrine verräth; im Vereine mit einem darangefügten riesigen hufeisen- 
förmigen Sofa macht dieses Ungetüm den Eindruck eines auf den ersten 
Blick nicht ganz verständlichen, neu erfundenen Automobils von besonderem 
technischen Rafl-inement und besonders hässlicher Plumpheit. Und all dies 
ist mit unerhörter Mühe und solcher Virtuosität einheitlich mit Pergament 
 
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