Byam Shaw, „Stiller Mittag"
Umwegen, und seine Nachfolger aus der Birmingham-Schule sinken schon
in absolute Bedeutungslosigkeit.
Mit diesen Birmingham-Malern, welche heute erfolglos bemüht sind,
die Tradition der Präraphaeliten aufrecht zu erhalten, hat Byam Shaw nichts
zu tun. Er hat am meisten Ähnlichkeit mit Ford Madox Brown, dem Vater
der Präraphaeliten, doch unterscheidet er sich von ihm durch die unfehlbare
Sicherheit seiner Linienführung, denn an zeichnerischem Talent ist ihm
keiner seiner Zeitgenossen überlegen. Seine Farbe trägt keine Spuren
moderner Schwäche und Entartung: sie ist prunkvoll bis ins Barbarische,
ja manchmal bis ins Geschmacklose. Doch soll es gleich gesagt sein, dass
dieser Fehler nicht auf Mangel an Geschmack beruht, sondern seinen
Ursprung in den Charaktereigenschaften des Künstlers, in seinem jugendlichen
Eigensinn, in seinem maliziösen Vergnügen am Unkonventionellen Endet.
In einer Sammelausstellung, wie etwa die der Royal Academy, dominiert die
schreiende Farbe seiner Bilder oft die ganze Wand, tötet alles, was in einem
gemässigteren Farbenplan gehalten ist, und verblüfft das grosse Publikum,
welches nicht weiss, ob es da bewundern oder lachen soll. Ebenso vergnügt
er sich darin, durch den Inhaltsstoff und die Benennung seiner Bilder zu
mystifizieren. So malt er eine englische Gartenlandschaft mit einer einsam
traurigen Mädchenfigur und nennt das Bild „Der Burenkrieg, 1901!" Die
Idee ist natürlich, dass der Geliebte in fernem Lande kämpft, vielleicht
verwundet, vielleicht gar tot ist, doch kann man nicht umhin, an jenen
Scherz in den „Fliegenden Blättern" zu denken, wo ein Maler sich an einer
Preisausschreibung für ein Bild, „Kühe auf der Weide" beteiligt, und --
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