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Roman de Troie (cod. 2571)
als die Annahme, dass Simone die Handschrift für Petrarca, den glühenden
Verehrer Vergils, mit jenem Bilde schmückte.
Die beiden erwähnten Werke der Miniierkunst stammen, wie man sieht,
aus der altflorentinischen und aus der senensischen Schule, eben jenen
Schulen, welchen das Frührot jenes sonnigen Tages leuchtete, der den
nationalen Schöpfungen auf diesem Gebiete beschieden war.
Günstige Fata haben es gefügt, dass in die Wiener Hofbibliothek ein
aus jener Frühzeit italienischer Renaissance stammendes, sehr beachtens-
wertes Gebetbuch (cod. 1921) gelangte, das, wie Alois Riegl nachwies,"
sowohlvon einem senensischenMeister, wie auch vonVertretern der giottesken
Richtung illustriert wurde und gleichzeitig als Beleg dafür gelten kann, dass
der Einfluss Simone di Martinos und Giottos, die beide in Neapel arbeiteten
und Nachahmer fanden, dort auch auf dem Gebiete der Miniaturmalerei fort-
wirkte. Riegls Forschungen haben nämlich ergeben, dass unsere Handschrift
im Auftrage eines Mitglieds des Hauses Anjou - wahrscheinlich Johanna I.
- in Neapel, etwa in den Jahren x33o bis 1350 hergestellt wurde. Den
Senenser Meister erkennen wir an dem seiner Schule eigenen Kolorit in den
Fleischpartien (grünliche Untermalung mit aufgesetzten und gut vertriebenen
roten und weissenTönen), sowie an der reichlichen Anwendung vonschwarzen
Konturen, die sich nicht nur in den Figurenumrissen, sondern auch bei
den Gewändern, selbst bei Modellierung der Gesichter bemerkbar machen
- eine Technik, die auch in Frankreich bis zur Mitte des XIV. Jahrhunderts
üblich war. Die giottesken Maler setzen an Stelle jener Konturen sorgsame
Abtönung der Farben, auch „die Köpfe werden lediglich durch mehr oder
minder starke Röte des Fleischtons modelliert" (Riegl).
"Ein angiovinisches Gebetbuch inderWienerI-lofbibliothek, Mitteilungen des Instituts für österreichische
Geschichtsforschung, VIII, 43x H.