33'!
Öde wäre eine tote Fläche unter den Füssen, verwirrend eine, die über
jene geheimnisvollen Gesetze hinausstrebt.
Was Eckmann für die liegende Fläche, hat Voysey für die aufstrebende
oder hängende getan; auch er hat die innern Gesetze der Flächenbelebung
empfunden.
Fürwahr, ein Teppichentwurf kann als Prüfstein feinsten Flächen-
empfindens gelten.
AUS WIENIIiR
LUDWIG HEVEiSQIiW-IEISI w
VJQN
QDERNE GALERIE. Über den Bau, der die moderne Galerie aufnehmen soll,
ist die letzte Entscheidung noch nicht gefallen. Aber der Kern der Sammlungen ist
bereits vorhanden und bietet ein künstlerisches Interesse, das gebieterisch an die Öffent-
lichkeit drängt. Bei Gelegenheit der Wiener Kunstwanderungen, als in den Salons des
Unterrichtsministeriums der einstweilen vorhandene Bilderschatz ausgestellt war, sah
man mit angenehmer Überraschung, wie die staatlichen Erwerbungen in aller Stille ein
ganz ansehnliches ästhetisches Kapital zusammengebracht haben. Ausser den Arbeiten des
jüngeren und jüngsten Nachwuchses brauchen wir hier nur an die Namen Makart („Fünf
Sinne" und ein Deckenbild), Schwind, Alt, Pettenkofen, Gauermann, Waldmüller, Segantini
zu erinnern, denen sich die Ausländer Klinger („Parisurteil", „Christus im Olymp") und
Böcklin („Meeresidylle") anschliessen. Diesen Sommer hat nun eine kaiserliche
Entschliessung der zeitweiligen Obdachlosigkeit dieser Bestände ein Ende gemacht. Die
Räume des unteren Belvedere, die einst die Ambraser-Sammlung beherbergt haben, sind
teils zur Unterbringung von archäologischen Funden der ältesten Kulturperioden, teils für
die Zwecke der modernen Galerie bestimmt worden. Es ist dies nachgerade eine klassische
Stätte für die Unterbringung von Kunstwerken, als Durchgangspunkt zu endgilüger Auf-
stellung. Unter den obwaltenden Umständen war kaum etwas Passenderes zu ersinnen.
Auch hat das Publikum, das schon im November in diesen Räumen verkehren
wird, diese Verfügung sympathisch begrüsst. Der modernen Galerie sind drei grosse
Säle und ein kleinerer Saal eingeräumt, vorderhand auf vier Jahre. Dann dürfte das
städtische Museum bereits fertig sein, das diese Schätze mit den Sammlungen des Landes
Niederösterreich und der Gemeinde Wien vereinigen wird.
DER PARLAMENTSBRÜNNEN. Der plastische Schmuck von I-Iansens Par-
lamentsbau wäre nun auch vollendet. Der grosse Athenabrunnen in der Rampen-
bucht ist enthüllt und auch der Lebiedzki'sche Mosaikfries hinter den Portikussäulen lässt
seinen neuen Goldgrund schimmern. Der Brunnen ist ein wahres Kolossalwerk, eine Pyra-
mide allegorischer Marmorformen, die ziemlich stark über das richtige Verhältnis hinaus-
gewachsen ist. Im Originalentwurf Hansens sehen wir zwar ein hohes, steiles Brunnen-
gebilde gezeichnet, aber keineswegs ein so ausführliches, sich der Facade Überordnendes.
Die Athenatigur Kundmanns allein ist 6 m hoch und wiegt 34.000 kg, von den Nebenfiguren
haben die vier „Flüsse" Tautenhayns je 20.000 Irg, die Haerdtfschen Figuren „Gesetz" und
„Recht" je 25.000 kg, sämtliche Figuren zusammen 347.000 Izg. Nebenbei fallt es auf, dass
eine griechische Athena eigentlich nicht recht zu Moldau und Elbe, Donau und Inn passt.
In der Tat hat l-Iansen ursprünglich an einen Austriabrunnen gedacht. Dem Werke hat
jedenfalls das langsame Tempo aller Wiener Ausschmückungsarbeiten geschadet. Wenn
einmal ein Menschenalter über eine solche Idee hinweggegangen und der ganze Kunststil