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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 10)

schwung gegebene Draperie (Toisonornat) gelegt. Dem Canon-Denkmal sehen wir noch 
immer mit Spannung entgegen. jedenfalls wird er seine Brahms-Figur ihrer Athletik ent- 
kleiden müssen, ein Vollbringer von Herkulestaten war der Komponist des Deutschen 
Requiems ja doch nicht. Überhaupt sind die Wiener Mitbewerber noch zu akademisch 
im herkömmlich Muskulösen befangen. Der Rahlstil der Stadterweiterungskunst wirkt 
unbewusst nach. Auch der gewisse Mantel gehört zu diesem Draperiegeschmack von 
damals. Weyr hat aber auch eine mantelfreie Variante beigestellt und die Jury griff mit 
sichtlicher Freude nach dieser Formulierung. jedenfalls wünschen wir das Beste. Johannes 
Benks Entwurf hat sein Bestes in einem grossen Musikrelief, das die halbkreisförmige 
Stirniiäche des Sockels bedeckt. Die Statue ist weniger seine Sache. Ausser Bewerbung 
sind die Entwürfe Kundmanns und Max Klingers geraten, da sie die Bedingungen nicht 
eingehalten haben. Kundmann ist jedenfalls dem Habitus der Brahms-Gestalt gewachsen, 
was ein bedeutender Vorzug wäre. Auch sein grosser Sockelwürfel, dem ganz hinten 
beiderseits zwei kleine Würfel mit sitzenden musikalischen Figuren angegliedert sind, hat 
in dieser Kombination etwas von Idee. Schade um Klingers reizvollen Entwurf, der aller- 
dings die vorhandenen Geldmittel um das Doppelte übersteigen würde. Er setzt seinen 
Brahms in ein weisses Rundtempelchen, das in der Mitte durch fünf Säulen in ein Fünf- 
eck übergeht und oben modern-italienisch ein Baches rotes Ziegeldaeh hat, wie jener antike 
Rundtempel beim Ponte Rotto am Tiberufer. Die Jonik der Säulen (dünnstämmig ohne 
Basen, mit derben Voluten und fünfeckigem Abakus) und ihres Gebälks mit derber Drei- 
teilung des Architravs ist in ihrer Willkürlichkeit pikant barbarisch; die Antike ist ganz 
modern gewendet. Rechts ist dem Tempel ein Segment von Wendeltreppe vorgelegt, 
innen läuR: eine Bank ringsum, und da sitzt, der Treppe gegenüber, der Komponist, sehr 
persönlich gesehen, ein Bein übergeschlagen, einen Arm auf die Brüstung gelegt, den 
Blick hinauswärts gewendet. Das Ganze hat etwas Kurzgefasstes, Einfaches und dennoch 
höchst Intimes. Es wäre eine Perle für eine Wiener Anlage. 
KÜNSTLERBÜND „MANES". Unter dem gastlichen Dache des „Hagen" hat 
der Prager Jugendbund „Manes" eine sehr anziehende Ausstellung veranstaltet. Die 
Räume sind, unter der Leitung Jan Kotieras, ganz musterhaft für den vorhandenen Stoff 
gestaltet. Die Hauptleute des „Manes" zeigen sich im vollen Glanze ihrer rasch auf- 
blühenden Talente. Ein eigentümlicher Meister ist Max Svabinsky geworden, der seine 
groblinigen Federzeichnungen so mit Aquarell durchdringt, dass ihm eine ganz neue 
Technik erwächst. In dieser Malzeichnerei gelingen ihm Wahre Kabinettstücke, wie das 
Kanapeebildnis seiner Frau, das Brustbild einer alten Dame in schottischem Umhang, das 
kleinere, geistvoll charakterisierte Porträt Masaryks. Auch eine grosse Rodin-Huldigung in 
dieser Weise hat er dem „Manes" zur Verfügung gestellt. Dann bringen die beiden 
Stimmungslandschafter Slaviöek und Hudecek ihre neuesten Versuche. Hudeöek hat letzt- 
hin Italien besucht, Slaviöek wandelt in den regnerischen Sphären Baertsoens. Beide er- 
freuen durch meisterhafte Nummern. Uprka lässt wieder das knittrig-knattrige Bänderwerk 
seiner mährischen Bauern auf uns los. Sein grosses Triptychon „Marienlied", mit einer 
Art slovakischer Bauernmadonna, ist ein Panorama sauberster Kostümmalerei. Leider 
leidet es am misslungenen „sezessionistischen" Rahmen. Jan Preisler, gewiss eine 
Begabung, Hottiert noch unentschieden zwischen allerlei ausländischen Modernheiten. 
Unter den Jüngsten fällt der Pariser Karikaturen-Phantast Franüsek Kupka mit farbig hin- 
gekreideten Blättern auf und Simon stellt ein Logenpublikum mit stark koloristisch 
behandelter Interieurluft dar. Unter den Plastikern bemerkt man selbstverständlich 
Frantisek Bilek, der neuerdings zu stark rodinisiert. Hoffentlich nimmt der Original-Bilek 
doch keinen Schaden. Von Sucharda ist unter anderem der Entwurf eines (zur Ausführung 
gelangenden) Palacky-Denkmales ausgestellt, durchaus modern, mit allegorischen Figuren, 
deren schwebende, fliegende Stellungen mit statischem Witz ermöglicht sind. Sein Huss-
	        
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