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Dass man mit
jenen Bemühungen
die antiken Vorbilder
nicht im entferntesten
erreichte, war freilich
vielen von Anno da-
zumal schon klar.Ver-
gebens hatte Goethe
r7g8 das ganze Ge-
wicht seines Ruhmes
dafür in die Wag-
schale geworfen durch
die Gründung der
Propyläen, deren Titel
„uns zur Erinnerung
stehe, dass wir uns
so wenig als mög-
lich vom klassischen
Boden entfernen"
sollen. Schon ein Iahr
später entbrennt sein
Mitarbeiter Schiller
über die kühle Auf-
nahme des gemein-
samenUnternehmens
in hellen Zorn, „denn
einen so niederträch-
tigen Begriff hat mir
noch nichts von dem
deutschen Publikum
gegeben" H als der
Mangel an Klassizität, müsste man hinzusetzen. Goethes Ruf: „Jeder sei auf
seine Art ein Grieche, aber er sei's!" war wirkungslos verhallt. Mochten sich
auch die Maler wie Füger, Bildhauer wie Canova und Zauner, Architekten
wie Nobile noch so sehr bemühen - in das Volksemplinden drangen ihre
Werke nicht. Ja, F iigers eigener Freund Collin, der Schriftsteller, spricht das
hochtrabende Verdammungsurteil: „Die Barbaren durften den Griechen
danken, wenn sie von ihnen griechisch, das heisst rein menschlich dargestellt
wurden; aber die Griechen würden sehr dadurch empört worden sein, wenn
sie sich in moderner Verzerrung, mit allen den lächerlichen entweder un-
bedeutenden oder Schwäche und Verderbnis verratenden Anhängseln der
Konkurrenz dargestellt erblickt hätten."
Und trotzdem? - ja gerade deshalb, weil jene Künstler nicht die Antike,
sondern vielmehr Eigenes zu Tage förderten, erheben ihre Arbeiten gewissen
Häuschen im Garten des Dr. Fürst in Heiligensxadt