EIT geraumer Zeit bildet die Frage einer durch-
greifenden Reform des Zeichenunterrichtes den
Gegenstand lebhafter Diskussion in Fachkreisen
des In- und Auslandes; überall ist man von der
Unhaltbarkeit der bisherigen Methoden überzeugt,
überall sehnt man einen Umschwung der Dinge
herbei und sucht nach neuen Wegen, um den
bestehenden Ubelständen abzuhelfen und die
künftige Art der Unterweisung den Forderungen
der Zeit anzupassen.
Die Reformfrage hat eine Unzahl von Bro-
schüren, Vorschlägen und Gutachten gezeitigt, die zwar eine Reihe von sehr
beachtenswerten Gedanken und Fingerzeigen enthalten, im grossen und
ganzen aber nur das eine erkennen lassen, dass derzeit noch eine geradezu
babylonische Verwirrung über die künftigen Ziele des Zeichen- und Model-
lierunterrichtes und die zur Erreichung derselben geeigneten Mittel herrscht;
einig ist man nur in der mehr oder minder scharfen Verurteilung der älteren
Methoden und in dem Streben, das Zeichnen nach Naturformen und die Aus-
bildung der Sehfähigkeit des Schülers jeder Reformarbeit zugrunde zu legen.
Den älteren Methoden wird zur Last gelegt, dass sie auf die Erlangung
einer bloss manuellenFertigkeif viel
zu sehr Gewicht gelegt haben, dass
das Nachahmen, Nachglauben und
Nachempfinden bei denselben in den
Vordergrund gerückt war, während
das Erkennen, Selbstauftinden und
Anwenden, also das Erzeugen
und Schaffen neuer Formen so gut
wie ausgeschlossen gewesen ist; als
wichtigstes Ziel wurde die sorg-
fältige Wiedergabe von wenigen
mustergültigen Vorlagen betrachtet,
dabei aber eine Darstellungs-
methode gewählt, die nur ein
langsam-schwerfälliges Arbeiten
" Diese Richtung ist zweifellos die Haupt-
ursache, dass der vor Dezennien auch an allgemein-
bildenden Lehranstalten geschätzte Zeichenunter-
richt allmählich in Misskredit gekommen ist und
heute vielfach nicht als gleichwertig mit den übrigen
Lehrfächern betrachtet wird. Ausstellung in Bristol, Bucheinband von Miss L. Arnold