eine auffallende sinnliche Frische, die namentlich in seinen Federzeichnungen und
leichten Aquarellen mühelos ausströmte. Er war damals mit viel Graphik dieser Art be-
schäftigt; Festblätter, Programme, Ehrenbriefe trugen gern seinen Stempel. Die anmutige
Allegorie wurde ihm zur geistigen Heimat. Es leuchtete auch aller Welt ein, dass er 188i
Professor an der Kunstgewerbeschule wurde; weniger, dass er x887 in gleicher Eigenschah
an die Akademie verrückte. Er raffte sich indessen auf, als er durch I-Iasenauer den
Auftrag erhielt, für den Goldsaal des kaiserlichen I-Iofmuseums das über 40 Fuss lange
Deckenbild: „Die Kunstmäcene des Hauses Habsburg-Lothringen" zu malen. Die berühmten
Kunstfürsten sind da mit ihren besten Künstlern in einer (etwas zu wesenlosen) Architektur
gruppiert und bilden eine helle Szene, deren Interesse weniger in der farbigen Symphonie,
also nach der dekorativen Seite, als in der zierlichen Zeichnung und überhaupt sorgfältigen
Durchführung der Figuren liegt. Für den Justizpalast malte er Allegorien (Triumph der
Tugend über das Laster, Strafrecht und Kinderschutz), in denen er sich weniger geniert
fühlt. Die Farbenskizze dazu in der akademischen Galerie. In der kaiserlichen Galerie hängt
sein Bild: „Der I-Iymensaltar". In den letzten Jahren wurde sein Genre immer altmeister-
licher; zuletzt noch in einem Interieur, das sein Atelier voll alter Möbel und Kunstsachen
mit der Stillebenbravour der Siebziger-Jahre darstellte. Als Mensch war er bescheiden und
harmlos, in Gesellschaft still, in seinen Äusserungen ungemein zurückhaltend. Im ganzen
eine sympathische Erscheinung.
RUDOLF VON ALT. Der neunzigste Geburtstag Rudolf von Alts hat selbstver-
ständlich im In- und Auslande lebhaftes Interesse erregt. Es dauert auch jetzt noch
an, und das Alt-Zimmer in der Ausstellung der Sezession ist ein lebender Beweis dafür.
Auch die Kunstzeitschriften haben reichlich das Ihre getan, um auf den Gefeierten ein
möglichst deutliches Licht zu konzentrieren. Die schöne farbige Beilage, die unser Heft
bringt, verdanken wir dem Entgegenkommen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst,
deren Zeitschrift: „Die Graphischen Künste" ihren XXV. Jahrgang mit einem solennen
Alt-Heft s einem wahren Jubelheü auch hinsichtlich des Bestandes der Zeitschrift _
abgeschlossen hat. Ein Vierteljahrhundert „Graphischer Künste", womit wäre es besser
zu markieren als mit dem Lebensbilde eines so grossen Graphikers wie Rudolf Alt? Auch
entspricht es durchaus dem Charakter der Zeitschrift, dass die vortreffliche Alt-Studie aus
der eleganten Feder Julius Leischings, Direktors des Brünner Kunstgewerbemuseums, die
den Hauptinhalt des Heftes bildet, auf die graphische Tätigkeit des Meisters, also seine
Frühzeit, ein besonderes Gewicht legt. Sowohl biographisch als illustrativ ist diese weniger
gekannte Epoche Alts mit liebevoller Sorgfalt erkundet und durch mancherlei interessante
Züge erhellt. Die technische Entwicklung seiner Kunst, die Geschichte seiner Handschrift,
wie man sagen könnte, steht dabei mit im Vordergrunde; desgleichen seine künstlerische
Herkunft von Vater Jakob Alt und seine malerisch-zeichnerischen Beziehungen zu ihm.
Diesen Charakter hat denn auch das ausgewählte Bildermaterial, das in vorzüglicher
Wiedergabe den Aufsatz schmückt. So das wenig gekannte Bild des jungen, am Fenster
zeichnenden Rudolf, 183 5von seinemVater aquarelliert. AuchLithographien undRadierungen
Rudolfs werden mitgeteilt. Zwei seiner schönsten Aquarelle sind in grossen radierten
Tafeln gegeben, die Klosterneuburger Stiftskirche von Wörnle, der Titusbogen (1872) von
William Unger. Die Albertina, Fürst Franz Auersperg (Schloss Zleb), die Sammlungen
Lobmeyr, Miller zu Aichholz, Dr. Heymann u. s. w. haben zur Kenntnis der entlegeneren
Alt-Kunst manche wertvolle Vorlage beigesteuert. Das uns überlassene Aquarellblatt
„Dürnstein" ist vom Jahre 1841. Man kann nur staunen über diese Meisterschaft in Licht
und Farbe zu so früher Zeit. Das Blatt ist ein trefflicher Kombinationsdruck aus der
k. k. I-Iof- und Staatsdruckerei. Bei diesem Anlasse können wir übrigens nicht umhin, die
neueste künstlerische Publikation der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst zu erwähnen.
Es ist dies das grosse Prämienblatt für die Mitglieder, eine Unger'sche Radierung nach
Stucks Bacchanal. Das Erste, was an diesem ungewöhnlichen Blatte auffällt, ist die