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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 11 und 12)

eine auffallende sinnliche Frische, die namentlich in seinen Federzeichnungen und 
leichten Aquarellen mühelos ausströmte. Er war damals mit viel Graphik dieser Art be- 
schäftigt; Festblätter, Programme, Ehrenbriefe trugen gern seinen Stempel. Die anmutige 
Allegorie wurde ihm zur geistigen Heimat. Es leuchtete auch aller Welt ein, dass er 188i 
Professor an der Kunstgewerbeschule wurde; weniger, dass er x887 in gleicher Eigenschah 
an die Akademie verrückte. Er raffte sich indessen auf, als er durch I-Iasenauer den 
Auftrag erhielt, für den Goldsaal des kaiserlichen I-Iofmuseums das über 40 Fuss lange 
Deckenbild: „Die Kunstmäcene des Hauses Habsburg-Lothringen" zu malen. Die berühmten 
Kunstfürsten sind da mit ihren besten Künstlern in einer (etwas zu wesenlosen) Architektur 
gruppiert und bilden eine helle Szene, deren Interesse weniger in der farbigen Symphonie, 
also nach der dekorativen Seite, als in der zierlichen Zeichnung und überhaupt sorgfältigen 
Durchführung der Figuren liegt. Für den Justizpalast malte er Allegorien (Triumph der 
Tugend über das Laster, Strafrecht und Kinderschutz), in denen er sich weniger geniert 
fühlt. Die Farbenskizze dazu in der akademischen Galerie. In der kaiserlichen Galerie hängt 
sein Bild: „Der I-Iymensaltar". In den letzten Jahren wurde sein Genre immer altmeister- 
licher; zuletzt noch in einem Interieur, das sein Atelier voll alter Möbel und Kunstsachen 
mit der Stillebenbravour der Siebziger-Jahre darstellte. Als Mensch war er bescheiden und 
harmlos, in Gesellschaft still, in seinen Äusserungen ungemein zurückhaltend. Im ganzen 
eine sympathische Erscheinung. 
RUDOLF VON ALT. Der neunzigste Geburtstag Rudolf von Alts hat selbstver- 
ständlich im In- und Auslande lebhaftes Interesse erregt. Es dauert auch jetzt noch 
an, und das Alt-Zimmer in der Ausstellung der Sezession ist ein lebender Beweis dafür. 
Auch die Kunstzeitschriften haben reichlich das Ihre getan, um auf den Gefeierten ein 
möglichst deutliches Licht zu konzentrieren. Die schöne farbige Beilage, die unser Heft 
bringt, verdanken wir dem Entgegenkommen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, 
deren Zeitschrift: „Die Graphischen Künste" ihren XXV. Jahrgang mit einem solennen 
Alt-Heft s einem wahren Jubelheü auch hinsichtlich des Bestandes der Zeitschrift _ 
abgeschlossen hat. Ein Vierteljahrhundert „Graphischer Künste", womit wäre es besser 
zu markieren als mit dem Lebensbilde eines so grossen Graphikers wie Rudolf Alt? Auch 
entspricht es durchaus dem Charakter der Zeitschrift, dass die vortreffliche Alt-Studie aus 
der eleganten Feder Julius Leischings, Direktors des Brünner Kunstgewerbemuseums, die 
den Hauptinhalt des Heftes bildet, auf die graphische Tätigkeit des Meisters, also seine 
Frühzeit, ein besonderes Gewicht legt. Sowohl biographisch als illustrativ ist diese weniger 
gekannte Epoche Alts mit liebevoller Sorgfalt erkundet und durch mancherlei interessante 
Züge erhellt. Die technische Entwicklung seiner Kunst, die Geschichte seiner Handschrift, 
wie man sagen könnte, steht dabei mit im Vordergrunde; desgleichen seine künstlerische 
Herkunft von Vater Jakob Alt und seine malerisch-zeichnerischen Beziehungen zu ihm. 
Diesen Charakter hat denn auch das ausgewählte Bildermaterial, das in vorzüglicher 
Wiedergabe den Aufsatz schmückt. So das wenig gekannte Bild des jungen, am Fenster 
zeichnenden Rudolf, 183 5von seinemVater aquarelliert. AuchLithographien undRadierungen 
Rudolfs werden mitgeteilt. Zwei seiner schönsten Aquarelle sind in grossen radierten 
Tafeln gegeben, die Klosterneuburger Stiftskirche von Wörnle, der Titusbogen (1872) von 
William Unger. Die Albertina, Fürst Franz Auersperg (Schloss Zleb), die Sammlungen 
Lobmeyr, Miller zu Aichholz, Dr. Heymann u. s. w. haben zur Kenntnis der entlegeneren 
Alt-Kunst manche wertvolle Vorlage beigesteuert. Das uns überlassene Aquarellblatt 
„Dürnstein" ist vom Jahre 1841. Man kann nur staunen über diese Meisterschaft in Licht 
und Farbe zu so früher Zeit. Das Blatt ist ein trefflicher Kombinationsdruck aus der 
k. k. I-Iof- und Staatsdruckerei. Bei diesem Anlasse können wir übrigens nicht umhin, die 
neueste künstlerische Publikation der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst zu erwähnen. 
Es ist dies das grosse Prämienblatt für die Mitglieder, eine Unger'sche Radierung nach 
Stucks Bacchanal. Das Erste, was an diesem ungewöhnlichen Blatte auffällt, ist die
	        
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