139
Deckeln und Rücken
erscheinen gotische
Geländer, Spitzbogen
mit Masswerk, Fialen
und Kreuzblumen,
dazu bunte gotische
Schrift in Miniaturen-
stil. Ein kleines Pariser
Prachtstück dieses
„genre cathedrale" ist
ein gelber Saffianband
von Simier, relieur du
roi, früher Buchbinder
der Kaiserin Josetine
(Don Quijote 1832),
dessen Deckel die
zierlichste gotische
Kathedralenfassade
mitTürmchen,Fenster-
reihen und Portalen
(in farbigen Lederauf-
lagen) darstellt. (Im
Besitze des Barons - e
Buschmarm.)Derkirch- i ' ESOSQY
licheVerla nei tstark " Ä
zu dieserng Stili, und WALT WHITMAN
bis auf den heutigen
Tag. Das auf musealen
Grundlagen entstan-
deneKunstgewerbeder
SechzlgerJahI-e Alfred de Sauty, London, grünes Maroquin mit farbigen Einlagen
historisch-eklektisch.
Es ahmt alle von der Schule patronisierten alten Stile nach, und zwar
mit tüchtiger Technik. Mancher Verlag, wie Alfred Marne in Tours
(auch in der Ausstellung stark vertreten), erschöpft den ganzen
Arbeitskreis dieser Historik. Es gibt da auserlesene Bänderverschlin-
gungen, Filigranmuster, Lederapplikationen, Intarsien, Streublümchen, nach-
geahmtes Louis XV., Louis XVL, gestanzten Goldschnitt, bemalten Schnitt,
was man will. In Wien gewinnt die italienische Renaissance die Oberhand.
Auf vielen damaligen Prachtwerken erscheint namentlich das grosszügige
farbige Bandomament und zierliche, alles überwuchernde Rankenwerk. Die
Zeit Girardets (und des Pariser Trautz, der vielen als der einzig mögliche
Buchbinder galt) gibt dem Bucheinband in Wien einen gewissen Album-, ja
Kassettencharakter. Die Deckel erhalten ein stark proi-iliertes Relief und
xg"