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Spaniern wird man sich Constantino Gomez merken, der eine heilige Handlung in der Art
einer Fadenstickerei bizarr hinaquarelliert. Der Münchener Piepho, der Düsseldorfer
Clarenbach haben hier Glück gehabt. Die Unzahl von Einzelheiten dieser Ausstellung
macht das Referat zum Katalog.
SEZESSION. Die XVII. Ausstellung der Vereinigung folgt auf die des Pariser
Impressionismus, welche dem Wiener Publikum ein genussvolles und lehrreiches
Erlebnis gewesen ist. Diesmal ist alles eigene Kraft, zu gemeinsamem Zweck aufgespart.
Eine Reihe Mitglieder haben sich in eigenen Kabinetten konzentriert, wo sie ganze Jahres-
ernten zur Schau stellen. Diese dreizehn Räume schliessen sich um einen Eintrittsalon und
einen dahinter gelagerten Quersaal. Diese Einteilung hat viel Lauschiges und lässt jene
dreizehn in ihrer eigenen Stimmung warm werden. Der Eingangssalon (vonjosef Hoffmann)
ist der einzige eigentliche Raumausstattungsraum. viereckig, mit dreiseitiger Endnische,
die Wände aus aufrechten Brettern in zwei feinen Ergänzungstönen gefügt, oben ein
breites japanisches Friesbild von Hohenberger, das reich und fröhlich wirkt. Der Raum
enthält Plastik, darunter den hübschen Düsseldorfer Säulchenbrunnen von Hoffmann-
Luksch und einiges Drastisch-Plastische von Luksch, der insbesondere auch den Blei-
guss neu belebt. Unter den Malern steht Rudolf v. Alt voran, der Einundneunzigjährige.
Sein grosses Bild von 1903 stellt den Kitscheltschen Eisenhof unter seinen Fenstern vor,
als Aquarellileck von erstaunlicher Ausgiebigkeit und Detailfreude. Die Regierung hat das
unglaubliche Blatt erworben. Von Klimt sieht man zwei richtige Farbeniiimmerstudien
aus der Atterseelandschaft (Buchenwald in Morgensonne und blumige Wiese), dazu eines
jener ganz und nur klimtischen Phantasiestücke („lrrlichter"), wo sich ein unbestimmt
koloristisches Gewühl unbestimmt ornamental gliedert. Sehr hervorragend ist Engelhart
mit einem überlebensgrossen Jünglingsakt in Bronze (für das Grab seines Vaters), der,
wie man sagen könnte, seine eigene Muskelstimmung hat, und einem Einbau voll stark-
farbiger Bilder, meist aus dem Wiener Faschings- oder Strassenleben. Ein walzendes
Paar („Sophiensaal") mit grellgrünem Atlaskostüm und hochgeröteten Reizen ist das
Kapitalstück (angekauft von dem Lande Niederösterreich). In den Kabinetten ist viel
Fortschritt beisammen. Moll vereinigt 17 Landschaften und Interieurs von der Hohen
Warte, wo schon einige Villen und Gärtchen der Sezession stehen. Seine Sonne ist
stärker, seine Luft breiter geworden, in den Stubenansichten sieht man, wie malerisch die
moderne Ausstattung doch ist. Jettmar erregt gruselndes Lachen mit vier Szenen, wo der
Urmensch das Urvieh in Gestalt von phantastisch ausgestalteten Sauriem und Daktyliern
bekämpft. Roller hat aus einem Motiv (Niederblick in den Sacre Coeur-Garten) zwölf
Monatsbilder von zwölffacher Verschiedenheit der Monats-, Nacht- und Wetterstimmung
herauszuziehen gewusst und seiner grossen Vielseitigkeit eine neue Seite abgewonnen.
Wie Moll, steht er mit einem Fusse noch in der Schindler-Periode, deren Reiz ja des Fort-
spinnens wert ist. Bei Orlik sieht man ein Kunterbunt von liebenswürdiger Kleinkunst,
von japanisierendem oder biedermaiemdem Zeichengeist. Andris kolorierte Kinderplastik
geht in einer Richtung, die den sympathischen Künstler beliebt machen muss. Stöhr,
Kurzweil, List, Tichy, Nowak füllen ihre Räume mit frischen Studien oder dämmerigen
Phantasien. Schmutzer stellt unter anderem seine Riesenradierung des Joachimquartetts
(x50 Meter breit) aus. Franz Metzner, der Mann des Kaiserin Elisabeth-Denkmals, ist der
homo novus, den man warm begrüssen darf. Seine Art, dem Marmor und Erz in aller
Eigenhändigkeit derArbeit, so aus der Technik heraus, den eingebomen Reiz abzugewinnen,
ist ganz moderne Handempiindung, und nur aus dieser kann Kunst und Kunsthandwerk
sich fortgesetzt verjüngen. Unter den Einzelwerken sind noch anziehende zu erwähnen
von Myrbach (eigen gestimmte Landschaften), Krämer (Bildnis des Grafen Bylandt-Rheidt),
König (Amazonen u. a.), Sigmundt (Hausgärtchen in Sonnengeiiimmer), Auchentaller,
jakesch, Putz (starker Farbeneindruck), Radler und Stolba (auch hübsche Buntdruck-
papiere.)