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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1867 / 18)

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ebenso vertraut ist, wie mit denen Oesterreichs, schien Herr Neumann 
für diesen Posten besonders geeignet. 
Als Berichterstatter für bildende Künste fungiren diesmal, ausser den 
beiden Jurors, Directoren R. v. Eitelberger und Cuatoa J. Falke. 
Die Mestrozische Sammlung von Mustern in Seide und Sammt. 
Das Museum hat kürzlich eine Sammlung erworben, welche gerade 
nicht hohen Kunstwerth beansprucht, aber bei der gegenwärtigen Lage 
der Industrie, wie sie der französische Handelsvertrag geschaffen hat, doch 
von praktischem Nutzen werden könnte, wie auch das historische Interesse, 
welches sie darbietet, nur von Jahr zu Jahr wachsen kann. Es ist dies 
eine Sammlung von mehreren tausend Stücken gewebter Muster, welche zu- 
mal die ganze Seiden- und Sammtfabrication vom Ende des vorigen bis in 
die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts und zugleich die Einführung der 
Jacquard-Maschine vertreten. Sie ist angelegt worden von den Gebrüdern 
Mestrozi, welche von 1798 bis 1822 eine ausgedehnte, vielseitige und 
auf der Höhe der Zeit stehende Fabrik in Wien besessen und mit Energie 
und Geschick leiteten. Zur Geschichte dieser Fabrik und der Sammlung 
mögen die folgenden Nachrichten dienen. 
Paul Mestrozi erlangte die Concession zur Gründung einer Fabrik 
für Sammt und Seidenzeuge am 9. October 1798, zu deren Führung er 
sich, wie es in der Urkunde heisst, durch besondere Geschicklichkeit in 
allen Arten der Weberei sowie durch ein ausgezeichnetes Talent zur Er- 
findung und Zeichnung von Mustern besonders fähig erwiesen hatte. Er 
gründete sie sofort im Verein mit seinem Bruder Vital unter der Firma. 
Gebrüder Mestrczi; letzterer übernahm die technische Leitung, während 
Paul die administrative besorgte. Damals litten die französischen Fabriken 
unter dem Einiiuss der Revolution, in Folge welches Ereignisses sich die 
höheren Stände des übrigen Europe's der französischen Mode weniger zu- 
gänglich zeigten. Die Mestrozi benutzten diesen Umstand und waren 
im Stande, durch eigen erfundene Muster, mit denen sie jedes Jahr bei 
beginnender Saison regelmässig hervortraten, selbst auf die Mode einzu- 
wirken. Stotilich gaben sie ihrer Anstalt die grösste Ausdehnung, indem 
sie das ganze Gebiet der Seiden- und Ssrnmttabrication umfassten, alle 
schweren und leichten Seidengewebe tiir Winter- und Sommerkleider, glatt 
oder faconnirt, desgleichen Möbelstoffe, Kirchenparamente, Goldbrocate, 
Seidenplusche u. s. w. fnbricitten. Für die KirchenstoEe war damals eine 
lllztschine in Gebrauch, wobei eine Latzzieherin mitwirken musste; die 
Brillantins und die übrigen faconnirten Stoffe wurden mittelst einer nach 
der Grösse der Dessins grösseren oder kleineren Trommelmaschine gewebt, 
welche während der Arbeit von einem Knaben gezogen werden musste. 
Bei diesen Stühlen hatten die Mestrozi schon eine wesentliche Verbes-
	            		
serung angebracht, welche einen grossen Zeitverlust ersparte. Im Jahre 1818 waren sie es auch, welche zuerst die Jacquard-Maschine anwendeten, und zwar construirten sie dieselbe blos nach den Aussagen eines aus Lyon eingewanderten deutschen Stuhlarbeiters Namens Oarl Kannen- giesser. Zwei Jahre später fand sie erst durch einen früher in Lyon ansässigen Maschinisten Bausemer in Wien allgemeine Anwendung. - Vital Mestrozi starb im Jahre 1822 und mit dem Tode desselben hob der Bruder Paul die Thätigkeit der Fabrik auf. Schon aus diesen wenigen Andeutungen können wir sehen, dass eine Sammlung, welche von so kundigen Leuten angelegt ist, und die ganze Zeit ihrer eigenen praktischen Thätigkeit vertritt, nicht ohne grosses In- teresse ist, selbst wenn, künstlerisch betrachtet, jene Zeit keinen hohen Standpunkt einnimmt. Die Sammlung enthält aber eine Fülle ornamentaler Motive, die von geschickter Hand mit verstandigem Geschmack leicht wieder modern und auch Fir das heutige Auge gefällig gemacht werden könnten. Da der französische Handelsvertrag nun gerade auf diesem Ge- biet den Fabrikanten die Hauptquelle ihrer Muster verschlossen hat, so dürfte sich die in Rede stehende Sammlung bei richtiger Verwerthung vielfach nützlich erweisen. Das ist vorzugsweise der Gesichtspunkt, aus welchem sie das österreichische Museum zu erwerben gesucht hat. Moderne Goldschmiedekunst. (Schluss lul dem Februar-Hefte.) Mittlerweile sind auch in der nichtkirchlichen Goldschmiedekunst reformatorische Bewegungen hervorgetreten; aber sie tragen noch durch- aus keinen so bestimmten Charakter wie auf dem kirchlichen Gebiete. Die Franzosen, die hier den Ton angeben, herrschen noch mit ihrer un- geregelten Phantastik. Bei grösseren Arbeiten, bei Tafelaufsätzen und Ehrengeschenken, welche eigentlich weiter nichts sind als eine aus allerlei Iigürlichen Darstellungen mit architektonischen Gebilden zusarnmencompo- nirte Phantasterei, die auch nicht einmal scheinbar einen anderen Zweck hat, als eine grosse, etwa dem Geber oder dem Beschenkten entsprechende Masse edlen Metalls künstlerisch zu verarbeiten, bei solchen Arbeiten tritt wenigstens das Bestreben nach Befriedigung des Schönheitsgefühls wieder hervor. Man sucht zu gliedern, man bemüht sich um Eben- mässigkeit, um Schönheit des Contours, was alles, wie wir gesehen haben, völlig aus dem Spiele gekommen war. Hie und da. tritt denn auch ein bestimmter Styl hervor, wie sich jetzt in Frankreich und England z. B. bei Leuchtern und mancherlei anderem Hausgeräth pompejanische For. men mit Vorliebe verwendet finden. Noch bestimmter tritt die antike Nachahmung in Schmuckgegenständen auf, in Brechen, Arm- und Hals- bandern, Ohrgehängen, Diademen; nur dass hier neben den römisch-
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