ihnen wurzelt. Soll der kleine Mann etwa
der Ästhetik zuliebe alles das entbehren,
obwohl es ihm das liebste ist? Das wird er
nie und das soll er auch nicht. Die Kunst
soll aus der Stimmung, aus dem Gefühl
heraus geboren werden, ein solches Van de
Velde-Zimmer sagt aber dem einfachen
Manne nichts, rein gar nichts. Solange
der wohlhabende Mittelstand noch in Ge-
schmacklosigkeit förmlich untergeht, so
dass ihm alle diese Dinge, die doch nur
vorn Geschmacke des Mittelstandes beein-
Husst werden, in ästhetisch minderwertigen
Formen geboten werden, ist an eine Reform
im Kleinbürgertum nicht zu denken, denn
der Mittelstand ist das Vorbild für den
Kleinbürger. - Die Kultur bewegt sich von
oben nach unten. Dieser Prozess mag sich
heute rascher vollziehen als in früheren
Zeiten, aber umgekehrt vollzieht er sich
nicht. Deshalb scheint uns eine Erörterung,
wie sie hier geführt wird, verfrüht. In den
unteren Sphären der Gesellschaft ist gegen-
wärtig die soziale Frage das Entscheidende,
das scheint der Verfasser, wie aus ver-
schiedenen Stellen hervorgeht, auch deutlich
zu fühlen. Wenn er aber meint, dass zuerst
die ästhetischen und dann erst die öko-
nomischen Fragen im Volke entschieden
werden sollen, so wird er wohl Wenige
finden, die ihm hierin beipHichten. Fs.
Uhr, Wiener Arbeit, Mahagoni mit vergoldeten Holz-
Skulpturen und Bronzen, zuletzt Salzburg
LUGSCHRIFTEN DES SCHLESISCHEN MUSEUMS FÜR
KÜNSTGEVVERBE UND ALTERTÜMER. Flugschriften haben stets
den Charakter des impulsiven und Agitatorischen. Sie stehen nicht, wie dies bei Aufsätzen
in Fachzeitschriften häufig der Fall ist, unter dem Zwange äusserer Notwendigkeiten, sie
verdanken ihr Entstehen einem inneren Drange, dem Expansivbedürfnisse lebendiger
Gedanken, die an den Tag und an den Ort gebunden sind, der sie geboren hat. Das
Programmlose, aus dem Bedürfnisse der Stunde Entstehende ist ihr Lebenselement.
Nicht dass die Gedanken neu seien, ist das Wichtigste, sondern dass das rechte Wort am
rechten Ort und zur rechten Stunde gesprochen wurde. Die moderne Richtung in der
Kunst hat ein einigendes Band um alle jene geschlungen, die mit echtem Kunstbedürfnis
ein volles Gegenwartsleben verbinden. Sie verstehen sich ohne viel Worte und durch-
schauen einander, ohne sichje gesehen zu haben. So zündet ein Gedanke, der diesem Kreise
entsprungen ist, gleichzeitig an den verschiedensten Orten, und wer den Beruf dazu fühlt,
passt ihn den lokalen Bedürfnissen und Verhältnissen an und trachtet ihn in seinem
Kreise zu popularisieren. Dieses Ziel verfolgen auch die vom Breslauer Kunstgewerbe-
museum herausgegebenen Flugschriften, in deren erstem Heft Direktor Masner über
häusliche Kunstpflege spricht. Es ist zu wünschen, dass die folgenden Hefte, die sich mit
der Grosstadtwohnung, mit der Denkmalskunst, mit der Blumenpflege u. s. w. befassen
sollen, mit derselben Klarheit des Gedankens, derselben agitatorischen Kraft und derselben
Einsicht und Sachkenntnis abgefasst sein mögen wie das vorliegende. Fs.