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Volltext: Monatszeitschrift VI (1903 / Heft 12)

vieler Beziehung an die freskoverzierten Prunksäle der grossen italienischen 
Palazzi des Cinquecento. 
Die Wände sind durch jonische Säulenpaare in gobelinbedeckte 
Felder geteilt. Der Plinthus jedes Säulenpaares ist aus grünem Conemara- 
Marmor, die Glieder der Basis aus Bronze, die bis zu zwei Drittel der Höhe 
kanellierten Säulen aus braunem Marmor, die Kapitäle vergoldet. Der untere 
Teil der Wand ist mit poliertem und mit reichen Intarsien versehenem 
Mahagoni verkleidet. Der von Collcutt entworfene Kamin ist mit glasierten 
persischen Reliefziegeln von entzückender Farbe verkleidet. Alles in dem 
Raume ist moderne Arbeit, mit Ausnahme der beiden Figürchen auf reich 
ziselierten Bronzeständern, welche der italienischen Renaissance-Periode 
angehören. ' 
Der I-Iauptschmuck des Raumes besteht jedoch in den Lunetten und 
Plafondbildern von Professor Gerald Moira, der den Lesern von „Kunst und 
Kunsthandwerk" schon seit langem als Mitarbeiter von J. Lynn Jenkins 
bekannt ist, sich aber jetzt nach mehr-jährigem Zusammenarbeiten von dem 
Bildhauer getrennt hat, um sein Atelier in der South Kensington-Kunstschule 
zu beziehen. Es ist schwer, von seiner neuesten Arbeit zu sprechen, ohne 
auf Superlative zu verfallen. Von welchem Standpunkte man auch immer 
diesen Bilderzyklus betrachten mag, kann man nur zu der Einsicht 
kommen, dass man vor einer der bemerkenswertesten Arbeiten der 
dekorativen Kunst unserer Zeit steht. Als reiche Farbenmassen, als Raum- 
kompositionen - ob in viereckigen Panneaux oder in Lunetten oder in 
Zwickeln - als tiefsinnige, an den Ort passende Allegorien, als Einzel- 
gemälde oder als Gesamtkomposition, sind diese Gemälde gleich 
bewunderungswiirdig. 
Was für ein Ideenreichtum in diesen Plafondfeldern verkörpert ist! 
Die Elemente - die Erde, das Feuer, die Luft und das Wasser --, die 
Zeichen des Tierkreises, die vier Jahreszeiten, Sonne und Mond, Morgen 
und Nacht, Amphitrite, die Königin der See, und Sirenen sind da in schwung- 
vollen Linien und harmonischen Farben dargestellt, und zwar nicht nach 
der Weise herkömmlicher Allegorien, sondern in origineller, neuer Art. So 
begnügt er sich bei der Erde nicht mit dem elementaren Charakter des 
Sujets, sondern deutet das Geheimnis des Lebens mit seinen Freuden und 
Leiden durch eine vergängliche, jugendliche Figur an, in deren heissen 
Händen Rosen allzu rasch verblühen. Die „Luft" ist eine wahre Symphonie 
von bewegten Linien in den Gestalten des kräftigen Boreas und des zarten 
Zephyr. Im „Wasser" zeigt er in allegorischer Form den Fluss in die Arme 
des Neptun wirbelnd. In den Jahreszeiten ist er ebenso unkonventionell 
und deutet den ewigen Wechsel dadurch an, dass die I-Iauptligur 
mit den charakteristischen Kennzeichen der betreffenden Jahreszeiten 
von minder wichtigen Gestalten umgeben ist, welche das Vorher und 
das Nachher, den Übergang von einer Jahreszeit in die nächste symbolisch 
darstellen.
	        
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