MAK

Volltext: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 3 und 4)

dem Riesenrad im I-Iintergrunde, 
dann ein winterlicher Schottenring 
von Pippich, gegen Abend, mit 
städtisch malträtiertem Schnee, 
zeigten, wie die Wiener Vedute an 
künstlerischer Stimmung gewonnen 
hat. Der sachliche Reiz des Lokalen 
wird nicht im geringsten geopfert, 
aber es ist auch Wiener Witterung 
dabei, unsere lächelnde Sonne und 
der zertretene, zeriahrene Schnee 
unserer grossenVerkehrskreuzungen, 
kurz was uns an der Heimatsluft so 
klimatisch anrührt, was den Wiener 
in den Wiener Prater oder ins 
Wiener Kaffeehaus treibt. Auch bei 
Darnaut, in einem Temperabilde: 
„Erntezeit", mit üppigem Gelb von 
reifer Saat, gegen saftige Massen von 
Tannengrün, zeigte sich der Drang, 
intensiver zu werden. Es gelingt ihm 
seit einigen Jahren öfters. Unter dem 
Nachwuchs sind Nikolaus Schatten- 
stein (Mädchen inWeiss, mit hübsch 
zusammengestimmten Tönen) und _ _ _ , 
der Radißfef Kühfßßf hefvßrlll- Harry Napper, „Pan". Seidenstoif (mit Erlaubnis v. Alex. 
heben. Theodor Charlemont hatte MortonäKo.) 
hübsche Plastik, zum Teil von 
den Reliefs Charpentiers abgeleitet. Seine Beethoven-Büste fand einen Liebhaber. 
 
EZESSION. Die XIX. Ausstellung der Sezession war eine ganze Versammlung von 
modernen Originalen, mehr oder weniger ursprünglichen. Ferdinand Hodler, Kuno 
Amiet, Thorn Prikker, Edvard Munch, Ludwig von Hoffmann, die sogenannten „Karls- 
ruher" Wilhelm Laage und E. R. Weiss. Und mitten unter sie gestellt Hans von Marees 
(x837-x887), der Bahnbrecher und Begeisterer, der bisher ganz wienfremd gewesen. 
Das Marees-Zirnmer war besonders interessant. Die SchleissheimerBilder aus dem goldenen 
Zeitalter, der Hesperidensphäre und allerlei Einzelnes aus dem Besitz Adolf I-lildebrandts, 
auch dessen jugendliches, blondes Porträt. Es war eine eigene Luft in diesem Zimmer, 
dessen eine Wand ein vollständiger Mareesscher Wanddekor war. Man sah Ideale, die 
zwar nicht erreicht wurden. aber andere Menschen anregten, andere Ideale zu erreichen. 
Zu einer Zeit, wo die Kunst mit Handwerkergeist auf Marktläufigkeit ausging, wurde hier 
Religion gekündet. Die Künstler begannen wieder religiös zu werden, auf das Heilige in 
sich zu lauschen. In dem Meisten, was diese Ausstellung bot, war solche Andacht zur Kunst 
zu spüren. Ferdinand Hodler zumal, der hier vor zwei jahren noch so viel Kopfschütteln 
erregt hat, eroberte sich diesmal die Wiener. Von seinen 31 Bildern wurde fast alles Verkäuf- 
liche verkauft. Man erkannte, dass er sich seine eigene Welt aufgebaut hat, die mit eigenen 
Eingebomen in eigenen Trachten bevölkert ist und, obgleich nicht nach unserer Art 
geartet, von Lebenskraft strotzt. Er ist, neben Puvis de Chavannes, der grosse moderne 
Monumentalmaler. Knorriger, barbarisch frischer, als Puvis, aber ebenso die geborene
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.