dem Riesenrad im I-Iintergrunde,
dann ein winterlicher Schottenring
von Pippich, gegen Abend, mit
städtisch malträtiertem Schnee,
zeigten, wie die Wiener Vedute an
künstlerischer Stimmung gewonnen
hat. Der sachliche Reiz des Lokalen
wird nicht im geringsten geopfert,
aber es ist auch Wiener Witterung
dabei, unsere lächelnde Sonne und
der zertretene, zeriahrene Schnee
unserer grossenVerkehrskreuzungen,
kurz was uns an der Heimatsluft so
klimatisch anrührt, was den Wiener
in den Wiener Prater oder ins
Wiener Kaffeehaus treibt. Auch bei
Darnaut, in einem Temperabilde:
„Erntezeit", mit üppigem Gelb von
reifer Saat, gegen saftige Massen von
Tannengrün, zeigte sich der Drang,
intensiver zu werden. Es gelingt ihm
seit einigen Jahren öfters. Unter dem
Nachwuchs sind Nikolaus Schatten-
stein (Mädchen inWeiss, mit hübsch
zusammengestimmten Tönen) und _ _ _ ,
der Radißfef Kühfßßf hefvßrlll- Harry Napper, „Pan". Seidenstoif (mit Erlaubnis v. Alex.
heben. Theodor Charlemont hatte MortonäKo.)
hübsche Plastik, zum Teil von
den Reliefs Charpentiers abgeleitet. Seine Beethoven-Büste fand einen Liebhaber.
EZESSION. Die XIX. Ausstellung der Sezession war eine ganze Versammlung von
modernen Originalen, mehr oder weniger ursprünglichen. Ferdinand Hodler, Kuno
Amiet, Thorn Prikker, Edvard Munch, Ludwig von Hoffmann, die sogenannten „Karls-
ruher" Wilhelm Laage und E. R. Weiss. Und mitten unter sie gestellt Hans von Marees
(x837-x887), der Bahnbrecher und Begeisterer, der bisher ganz wienfremd gewesen.
Das Marees-Zirnmer war besonders interessant. Die SchleissheimerBilder aus dem goldenen
Zeitalter, der Hesperidensphäre und allerlei Einzelnes aus dem Besitz Adolf I-lildebrandts,
auch dessen jugendliches, blondes Porträt. Es war eine eigene Luft in diesem Zimmer,
dessen eine Wand ein vollständiger Mareesscher Wanddekor war. Man sah Ideale, die
zwar nicht erreicht wurden. aber andere Menschen anregten, andere Ideale zu erreichen.
Zu einer Zeit, wo die Kunst mit Handwerkergeist auf Marktläufigkeit ausging, wurde hier
Religion gekündet. Die Künstler begannen wieder religiös zu werden, auf das Heilige in
sich zu lauschen. In dem Meisten, was diese Ausstellung bot, war solche Andacht zur Kunst
zu spüren. Ferdinand Hodler zumal, der hier vor zwei jahren noch so viel Kopfschütteln
erregt hat, eroberte sich diesmal die Wiener. Von seinen 31 Bildern wurde fast alles Verkäuf-
liche verkauft. Man erkannte, dass er sich seine eigene Welt aufgebaut hat, die mit eigenen
Eingebomen in eigenen Trachten bevölkert ist und, obgleich nicht nach unserer Art
geartet, von Lebenskraft strotzt. Er ist, neben Puvis de Chavannes, der grosse moderne
Monumentalmaler. Knorriger, barbarisch frischer, als Puvis, aber ebenso die geborene