MAK

Volltext: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 6)

dieser Einrichtung sehen wir die 
entscheidende Massregel. 
Die jüngeren Künstler mussten 
die Akademie besuchen, und die Pro- 
fessoren der Akademie ihrerseits er- 
schienen regelmässig in der Fabrik, 
erteilten Unterricht und korrigierten. 
Dieser Zusammenhang mit der Aka- 
demie hob das ganze künstlerische 
Leben an der Fabrik auf ein höheres 
Niveau. Die Leute fühlten sich nicht 
als Fabriksmaler, sondern als Künstler 
in ihrem Fache. 
Die Malereiabteilung war in vier 
Fächer geschieden. Figürliche Malerei 
und Landschaft bildeten zusammen 
eine Klasse und drei weitere waren für 
Blumenmalerei, Ornamentik und Blau- 
malerei. Als fünfte kam noch die Vergolderklasse hinzu. 
Unterstützt wurden die Maler in dem Technischen ihres Faches durch 
den Chemiker Josef Leithner. Leithner erfand verschiedene Verfahren in der 
Dekorierung des Porzellans, die lange Zeit geheim waren, und der Wiener 
Fabrik allein eigentümlich geblieben sind. Eine dieser Eigentümlichkeiten 
war das prächtige Kobaltblau, das Leithner-Blau, es war ein Stolz der kaiser- 
lichen Manufaktur. 
Nicht minder wichtig für die Fabrik waren seine Lüsterfarben durch alle 
Nuancen von tiefen Violett bis zum hellen Lila und glänzenden Kupferrot. 
Diese Lüsterfarben erhielten namentlich dadurch einen warmen, satten Ton, 
dass sie nicht auf das weisse Porzellan, sondern auf einen tiefblauen Unter- 
grund aufgetragen waren. 
An der Spitze der Modellierabteilung stand seit 1784 Anton Grassi, der 
bedeutendste Bildhauer und Modelleur, der universalste Künstler überhaupt, 
den die Porzellanfabrik gehabt hat. 
Das Entscheidende für die Fabrik war, dass er 1788 mit der Oberleitung 
sämtlicher Kunstklassen betraut wurde. Durch Grassi gelangte die Wiener 
Fabrik zu solcher Höhe, dass sie als Führerin allgemein anerkannt wurde. 
Grassis künstlerischer Leitstem ist die Grazie. Er, der in seinem speziellen 
Fache, der Bildhauerei, Canova und nicht Thorwaldsen als sein Ideal 
verehrte, bannte auch in der Malerei und im Ornament jede trockene 
Klassizität aus den ihm anvertrauten Kunstklassen der Fabrik. Seinem 
Geiste und seiner Führung ist es zu danken, dass das Ornament meist ganz 
eigenartig und mit einer Grazie ausgebildet wurde, die dem eigentlichen 
Empire fremd ist. Dabei ist die Zeichnung von höchster Korrektheit und 
Sorgfalt. 
Deckelbecher, buntbernalt und vergoldet 
(Katalog Nr. 1730) 

	        
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