Diese Eigenart wird unterstützt
durch Anwendung einer ungemein
zierlichen Technik, der des Relief-
goldes, einer Erfindung von Perl, eines
Mannes, der durch 35 Jahre der Fabrik
angehörte, und durch xo Jahre Leiter
der Vergolderklasse war. Die Muster,
die zur Anwendung kamen, sind im
wesentlichen dem antiken Ranken-
werk und dem klassischen Palmetten-
schema entnommen.
Diese antiken Elemente sind
durchsetzt mit naturalistischen Pflan-
zenmotiven, wie sie bereits der Gro-
teskenstil des 16. Jahrhunderts kennt.
Epheuranken, Weinlaub, Komähren
Deckelbecher, buntbemalt und vergoldet 11- dgl- Verbinden SiCh auf hafmßnisßhe
(Katalog Nr- 1725) Weise mit der bis zur äussersten
SchlankheitgetriebenenAkantusranke.
Dabei ist gewöhnlich das naturalistische Motiv dem antiken untergeordnet
und das antike der eigentliche Führer und Träger des ornamenten Gedankens.
Um Leben und Abwechslung in das Ornament zu bringen, wird das Gold
oft in zwei Tönen, einem grünlichen und einem rötlichen, angewendet. Häufig
lässt auch der Ornamentist Unterbrechungen des Rankenwerkes durch
regelmässig verteilte kameenartige Medaillons, Quadrate oder rautenförmige
Zierfelder, eintreten.
Es ist wichtig zu konstatieren, dass der in seiner Wirkung an den
feinsten etruskischen oder griechischen Goldschmuck erinnernde Reliefgold-
dekor schon vor Beginn des Empire seine charakteristische Ausbildung er-
halten hat und sich dann bis tief in das Empire hinein hält. So lange Grassi
lebte, hat sich hierin nichts wesentliches geändert. Ebenso wie der Dekor,
so sind auch die Formen ein Mittelding zwischen Louis XVI und Empire.
Sie sind nicht sehr abwechslungsreich, geradwandig und glatt, um der
Malerei recht viel Spielraum zu gewähren. Auch die allgemein üblichen
eckigen Henkelbildungen der Kaffeetassen und -kannen sind nicht reines
Empire. Für ihre eckige Form würde man in der antiken Kunst wohl ver-
geblich nach einem Beispiel suchen. Sie sind vielmehr aus demselben Form-
empiinden heraus modelliert, nach welchem die Architektur in den Achtziger-
jahren des Jahrhunderts, im Stile Louis XVI die jonische Schnecke des
Kapitäls namentlich bei Konsolen gerne ins Eckige zog.
Dieser Stilrichtung, die der strengen Theorie möglichst lange aus dem
Wege ging, entspricht auch die Leichtigkeit, mit der sich im Wiener Porzellan-
stil, denn von einem solchen kann man in dieser Zeit mit vollem Rechte sprechen,
stilisierte Formen mit rein naturalistischen Gebilden verbinden.