das von den Bestimmungen der Siebziger-Jahre
ausgenommen oder der Fahndung entgangen
war, wurde gerade 100 Jahre vor dem Schritte,
den Marie Antoinette mit ihrem Schmucke zur
Münze tat, ebenfalls dahin gesendet und der
König selbst folgte seinen Befehlen. Kein
Zweifel, dass diese Vernichtung aller Meister-
stücke und auch der Ladenwaren, welche zur
Befestigung und Weiterbildung des Zeitstils ge-
dient hätten, mit dem Umschwunge der allge-
meinen Empfindungen zusammengewirkt hat,
unter der Regentschaft und der Regierung
Louis XV., an die Stelle des schweren pom-
pösen Stils Louis XIV den graziösen, flattrigen,
tändelnden Stil des Rokoko zu setzen. Er brachte
den Goldschmieden, welche die dürren Jahre
erzwungener Enthaltsamkeit überdauert hatten,
und manchen neuen Meistern neue Aufgaben;
die alte Handwerksgeschicklichkeit war bald
wieder erstanden, die veränderten Lebens-
formen und Geschmacksrichtungen steigerten
das gesunkene Gestaltungsvermögen und die
Aus dem Reise-Service des Königs , , _ _ _
von Rom (Österr. Museum) Technik wurde virtuos, wie nur je. Wieder
stehen ein Ballin und Germain in der vor-
dersten Reihe. War unter Louis XIV neben der kirchlichen Schatzkammer
der Speisesaal und der Salon von den Arbeiten der Meister umworben, so ist
es jetzt das Toilettezimmer der eleganten Frau. Die für Maria Leszinska 1727
von Germain dem jüngeren ausgeführte Toillettegarnitur mit Spiegeln,
Schmuckkästchen, Leuchtern, Flaschen und Büchsen wurde zum Ideal und
Gegenstande des Neides aller eleganten Damen, und weit über Paris und
Frankreich hinaus galt Germain als derjenige, welcher allein das Boudoir
königlicher und mit ihnen wetteifernden Frauen schmücken konnte, er
arbeitete für die Höfe von Spanien und Portugal, Sizilien und Dänemark. Der
Stil des Thomas Germain hielt sich noch in massvollen Grenzen, rücksichts-
loser in den wunderlichen Schwingungen und Biegungen der Linie und in
naturalistischer Dekorierung der Geräte ging der „Dessinateur ordinaire de
la chambre du roi", Meissonier, vor, welcher der Gefässbildnerei der Zeit
seinen Stempel aufdrückte.
Ihm folgen Roettiers, Cure, Besnier, Caffieri, Lempereur, Pouget,
welch" letztere aber schon wieder bemüht sind, in die sinnenverwirrende
Bewegung von Form und Linie etwas mehr Ruhe und Gleichgewicht zu
bringen. Auch unter Louis XV wurden Luxusverbote erlassen, viele
Prunkstücke vernichtet, unedles Metall drängte sich in Zeiten der Teuerung
hervor. Und es kam die unglückliche Zeit Louis XVI mit einer neuen