An die Stelle des Empirestils trat nach 1815 der von England aus beein-
flusste Biedermeierstil, der schon zur Empirezeit sich nebenher entwickelt
hatte. Mit dem Empirestil hat er den Zug zur Reinlichkeit, Staubfreiheit,
gemeinsam; er ist der Stil der soliden Bürgerschaft ohne höhere Ideale,
der Stil der braven deutschen Hausfrau im Gegensatz zum französischen
Courtisanenstil, der hundert Jahre vorher herrschte. Leider verflachte dieser
Stil zur gänzlichen Nüchternheit während der Kämpfe zwischen absoluter
und konstitutioneller Regierungsform, als es der Kunst sowohl oben als
unten an Förderung fehlte. Unsere Zeit ist ja nun nach langer Öde wieder
am neuen Schaffen und Aufbauen. Echtheit und Gediegenheit, Stil nach
Material und Technik, Klarheit und Gesundheit sind die Wurzeln, aus denen
sich unser neues Kunstgewerbe entwickelt.
URCH das Wohlwollen des hohen Obersthof-
meisteramtes in der Lage, aus dem reichen
Schatze der Möbel und Hausgeräte des Hof-
mobiliendepots besonders interessante Stücke
veröffentlichen zu können, setzen wir die Publi-
kation von Möbeln und Bronzen österreichischer
Provenienz aus der Biedermeierzeit fort und
verweisen auf den im Hefte VI des vorigen
Jahrganges unserer Monatsschrift gemachten
Versuch, die Entwicklung des Stiles dieser Zeit
zu charakterisieren, vor allem aber nachzu-
weisen, dass der Biedermeierstil in Deutschland und Österreich unter dem
ganz entscheidenden Einflusse der englischen Kunst des ausgehenden
XVIII. Jahrhunderts steht, wie wir das nicht nur aus den Kunstformen
ersehen können, sondern wie es uns auch durch zahlreiche literarische
Dokumente bewiesen wird. Wir haben an oben erwähnter Stelle uns mit
den Formen der Möbel beschäftigt und ihre stilistische Provenienz nachzu-
weisen versucht und wollen jetzt nur noch aus der Literatur der letzten
zwanzig Jahre des XVIII. Jahrhunderts in Deutschland einige Beispiele
anführen, aus denen wir ersehen können, dass man sich grösstenteils voll
bewusst war, englischen Vorbildern zu folgen, ja, dass man direkt nach
englischen Mustern verlangte.
Im „Journal des Luxus und der Moden" finden wir im Jahre 1786 eine
Besprechung eines Kaminarrangements, in der es zum Schlusse heisst: „Wir
beschliessen unseren vulkanischen Apparat (Kaminofen, Holzmagazin,
F euerzange) mit einem schönen Ofen- oder Kaminschirme nach englischem
Geschmacke, den verschiedene unserer Leser von uns gefordert haben. Die
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