einen festen, an eine Kutsche erinnernden Überbau tragen und gewöhnlich
mit Rosetten und Streifen in Kerbschnitt verziert sind.
Ich habe im Museum zu Aachen eine Bauernstube der geschilderten
Art hergestellt und durchwegs mit Einrichtungsstücken ausgestattet, die ich
bei zahlreichen Wanderungen durch die Dörfer um Nideggen, vor allem in
Lammersdorf und Simmerath erwarb. Bei dem Misstrauen der Bauern war
dies nicht immer eine leichte Sache. Die Zusammenstellung war um so
schwieriger, als sich in Wirklichkeit leider kein einziges Bauernhaus, keine
einzige Stube mehr im ursprünglichen Zustande erhalten haben. Überall waren
selbst wichtige und charakteristische Stücke durch modernen städtischen
Trödel ersetzt und so der Eindruck verdorben. Von den Herden fand ich
keinen mehr in Tätigkeit. Man behält sie noch eine Zeitlang aus Pietät bei,
etwa bis die Grossmutter das Zeitliche gesegnet hat, kocht, brät und heizt
aber in einem neuartigen gusseisernen Trommelofen, den man in den Herd
hineingebaut hat. Noch ein Jahrzehnt und die letzten Reste der nordeifler
Bauernstube werden verschwunden sein.
DIELE UND HALLE IN NORDDEUTSCH-
LAND Sie VON HARTWIG FISCHEL 50
LLE Worte fast, mit welchen unser Sprach-
gebrauch die einzelnen Teile des Wohnhauses
bezeichnet, besitzen ein hohes Alter. Sie beweisen
uns, wie weit oft gewisse einfache und natürliche
Wohnbedürfnisse zurückreichen, die heute von
Vielen als Neuheit empfunden werden, weil ihnen
der Zusammenhang mit der Vergangenheit
unbekannt ist.
In jenen frühen Zeiten, in denen der für
unsere Tage so unentbehrliche Komfort des
Wohnens und täglichen Lebens nicht bestand, wurde doch schon der Grund
gelegt für die Hauptformen der Raumgestaltung; ja wir werden zu unserem
Erstaunen immer wieder finden, dass gerade alte Wohnhaustypen eine
Geschlossenheit, Behaglichkeit und künstlerische Abrundung besitzen,
welche der moderne Mensch trotz aller Raffinements seiner Hilfsmittel
selten zu erreichen im Stande ist.
Das grossartige XXX. Jahrhundert, das für Wissenschaft und Technik
eine glänzende Blütezeit gebracht hat, war allem Intimen, Abgeschlossenen
feind. Indem die Grenzen aller Wissensgebiete erweitert wurden, die Ent-
fernungen zeitlicher und räumlicher Ausdehnung zu schwinden schienen,
gingen fast alle Fäden verloren, die uns an die jüngste Vergangenheit des
Wohnhausbaues knüpfen konnten.
Langsam beginnt man wieder, diese Fäden aufzunehmen. Aus den
grossen Mietkasernen der Städte sehnt man sich nach den ländlichen Reizen