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sche Architekturbegriffe sind hier nicht hinderlich; der grosse Apparat fehlt
gänzlich und die einfachen Formen und Materialien vertragen die bestimmte
und doch fein gewählte Färbung. Wir finden diese Liebe zur Farbe bis zum
einfachsten Fischer- und Schifferhaus. Helgoland bietet dafür charakteristi-
sche Beispiele, wie fast die ganzen Nord- und Ostseegestade. Da ist einmal
eine Diele ganz grün gestrichen zu rotbraunen Möbeln und Boden und
weisser Decke.
Ein andermal ist alles Holzwerk lichtgelb. Der Glanz der Farbe, die
Reflexe der kleinen Glasscheiben beleben die glatten Flächen im zerstreuten
Licht.
Aber trotzdem ist eigentliche Buntheit diesen Räumen ganz fremd. Die
Farbe ist den Beleuchtungsverhältnissen angepasst und geht einheitlich
durch, wirkt mit einfachen grossen Gegensätzen, wie eine notwendige
Eigenschaft der Gegenstände.
Das ist ja auch aus allen Behelfen der Innendekoration zu erkennen.
Die blaue Kachel, der rote Backstein sind als Wand- und Bodenbelag hei-
misch. Blankes gelbes Messing fehlt selten. Der Reiz der polierten Holz-
Häche ist an den Möbeln betont; sehr oft bilden die prächtigen alten Dielen-
kästen ein wichtiges Element des Schmuckes. Das Holzwerk der Treppen
und Stützen nicht minder. Es kommen ja auch ganz weisse Innenräume vor,
in denen die Stoffe, Möbel und blanken Metallgegenstände den Farben-
akkord bestimmen.
Namentlich tritt dies bei den kleineren, intimeren Dielenbauten auf, wo
die Treppen ganz untermauert sind und nur der Anlauf sichtbar ist, wo die
Enge des Platzes alle Breiten einschränkt und die Höhe der Diele auf das
Erdgeschoss beschränkt bleibt.
So finden wir alle Abwandlungen entwickelt, wie sie ja auch das
moderne Familienhaus fordert, von den bescheidenen Verhältnissen des
kleinen Bürgerhauses bis zu den vornehmen des Reichen. Die Art jener
Innenkunst ist eine solche, die wir ja auch heute pflegen könnten. Der
moderne Mensch in seiner praktischen, vom englischen Geschmack, vom
Sport und der entwickelten Technik so sehr beeinflussten Kleidung und
Lebensart passt in solche Räume weit besser, wie in das Getäfel und
Schnitzwerk oder den Gold- und Stoffluxus der Prunkräume verschwendungs-
lustiger Zeiten. Es bildet sich ein weit intimeres Verhältnis zu unserer Um-
gebung heraus, wenn sie ein einfacher gut abgewogener Rahmen bleibt für
das Leben, das sich in ihnen abspielt, als wenn wir durch zu viele bedeu-
tungsvolle, selbständige Kunstschöpfungen umgeben werden, die uns mit
ihrem Gehalt erdrücken.
Wohnsitten, Wohnbedürfnisse sind unerlässlich für die Entwicklung glück-
licherRaumbildungen, der übertragene Wert fremder Übungen und Leistungen
wurzelt sich nicht ein, erzeugt theatralische oder Museumswirkungen.
Ein charakteristisches Beispiel dafür bildet die englische Halle, die in
ihrer Bedeutung für das Wohnhaus so lange konstant geblieben ist, seit den