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Volltext: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 10)

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der Kirche zur ganzen modernen Kunst (Se- 
zession oder sonstwie genannt), und zwar in 
schroff abweisendem Sinne, gelten sollte. Man 
las diese Ausführungen mit Erstaunen, da die 
Kirche in Kunstfragen zu allen Zeiten die 
grösste Feinfühligkeit bewiesen und in Sachen 
des Zeitstils sich niemals abweisend, sondern 
im Gegenteil meist bahnbrechend betätigt hat. 
An den kirchlichen Bauten haben alle die 
grossen historischen Stile sich in Keim, Blüte 
und Frucht am gründlichsten ausgelebt. Auch 
in neuester Zeit hat gerade die katholische 
Kirche den Bestrebungen zu moderner Bele- 
bung des Kirchenbaues, im Sinne der Anpas- 
sung an jetzige äussere und innere Bedürf- 
nisse, ein geradezu förderliches Interesse zu 
gewendet. Unter allem Schwanken der Tages- 
meinungen fand gerade sie auffallend rasch 
den richtigen Standpunkt und eröffnete Aus- 
sichten auf weitgehenden Fortschritt, der sich 
auch alsbald in bedeutsamen Symptomen, wie 
der staatlichen Konkurrenz für einfache Dorf- 
kirchen kundgab. Und nun alledem gegenüber 
eine so entschiedene öffentliche Absage? 
Glücklicherweise wurde das Missverständnis 
- denn ein solches lag dem Vorfall zu Grunde 
7 schon zwei Tage später beseitigt. Eine Zuschrift des in dieser Sphäre hochverdienten 
Professors Dr. Heinrich Swoboda klärte die Zeitungsleser im Namen des Verfassers 
beruhigend auf. Das Graussche Gutachten ist älteren Datums und hat sich keineswegs 
allgemein gegen die moderne Kunst oder auch nur gegen irgend eine Kunstrichtung 
wenden sollen. Im Gegenteil. „Meine Tendenz", erklärte Dr. Graus seinem Wortführer, 
„war nur, eine ungerechte oder voreilige Verurteilung moderner Kunstwerke vom kirch- 
lichen Stundpunkte aus zu verhüten und nur jene Grundsätze aufzustellen, nach denen 
unzweifelhaft für den Kultus und die Erbauung des Volkes taugliche Kunstwerke geschaffen 
werden müssen. Das kann aber in jedem Stil, auch im modernen erreicht werden. Ein 
richtiges Urteil über neue Kunstschöpfungen kann nur von Fall zu Fall erfolgen." Professor 
Swoboda hebt noch hervor, dass gerade Dr. Graus sich als Vorkämpfer gegen den Stil- 
zwang verdienstlich bemüht hat und zitiert als Beweis den ganzen Wortlaut des Graus- 
schen Urteils über das Wagnersche Kirchenprojekt. Von kunstwidrigem Vorurteil ist da 
in der Tat keine Spur. So darf man sich schliesslich freuen, dass diese wichtige Angelegen- 
heit einmal, unwillkürlicherweise, öffentlich erörtert worden ist. 
 
Ausstellung von Goldschmiedearbeiren in Troppau, 
Zuckerschale von A. S.. Görz 1831 (Kat. Nr. 266) 
ALERIE LOBMEYR. Das Erdgeschoss des Künstlerhauses enthält gegenwärtig 
eineAusstellung, wie sie in Wiennichtso bald gesehen worden ist oder gesehen werden 
wird. Ludwig Lobmeyr hat zu wohltätigen Zwecken seine Bilderschätze zur Verfügung 
gestellt. Einen Teil davon hat das Publikum, an gleicher Stätte, schon vor mehr als einem 
Jahrzehnt gesehen, den Stock der Ölbilder wohl auch bei Gelegenheit der „Kunstwande- 
rungen" zwischen den vier Wänden Lobmeyrs „in situ" bewundert. Trotzdem ist diese 
l-leerschau von Malereien und Zeichnungen selbst für Kunstmenschen eine förmliche 
Überraschung. Wer kannte denn anders als vom I-lörensagen den Inhalt der vielen gross- 
mächtigen Mappen voll Aquarelle und Zeichnungen, die in gewissen Gegenden des Lob- 
meyrschen Heims ganze Barrikaden bilden? Nun ist auch das alles ans Tageslicht gebracht;
	        
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