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KUNST UND KUNSTGEWERBE AUF DER
WELTAUSSTELLUNG ZU ST. LOUIS (I.) 54b
VON KLARA RUGE-NEW-YORK St.
ENJENIGEN, die eine Ausstellung besuchen, um
eine bestimmte Branche zu studieren H sei es
zur eigenen Belehrung oder um die Mitwelt
darüber zu informieren - ist es wohl noch nie
so entsetzlich schwer gemacht worden, zum Ziele
zu gelangen, als dies in St. Louis der Fall ist.
Und auf keinem Felde hat der ernsthafte
Besucher der Ausstellung so viele Schwierig-
keiten zu überwinden, als auf demjenigen des
Kunstgewerbes. Allen Besuchern ist das eigen-
tümliche Klima von St. Louis ein grosses
Hindernis, dieses Klima, das eine „Sommerausstellung" zu einem Ding der
höchsten Qual gestaltet! Tropische Hitze - dazwischen tropische Regen-
güsse, welche den Lehmboden zu Morasten gestalten, in denen der Fuss
versinkt. Und weite Strecken dieser sieben Meilen grossen Ausstellung sind
nicht mit Schotter oder Makadam bedeckt, sondern zwingen den Besucher,
im Schmutz zu versinken. Dabei ist auf die klimatischen und örtlichen
Schwierigkeiten bei der Einteilung der Ausstellung, der Verteilung der
Bauten gar keine Rücksicht genommen worden. Man hat, um dem Plan treu
zu bleiben. von der Festhalle weg die im Renaissancestil ausgeführten
Gebäude fächerartig auslaufen zu lassen, die herrlichen Baumriesen, welche
den Forestpark zum schattigen Walde gestalteten, alle geopfert. Etwa
150 Schattenspender von tropischen Dimensionen sind der Architektur der
Weltausstellung zum Opfer gefallen. Leider können nun nicht einmal diese
gestreckten Renaissancebauten vor dem strengen Schönheitsrichter
als vollendete, harmonische Architekturwerke bestehen! - Die Länge
steht in gar keinem richtigen Verhältnis zur Höhe und es mangelt jede
Originalität, es sind schablonenhafte lange Kasten, durch Säulen oberfläch-
lich zur „Renaissance" gestempelt! Es wäre im Interesse der Ausstel-
lungsbesucher einem Stil und einer Einteilung bedeutend der Vorzug zu
geben gewesen, welche gestattet hätten, dass die prächtigen, grünen
belaubten Dächer zwischen den Palästen hätten bestehen dürfen. Warum
griff man nicht nach einer amerikanischen Bauart. Die spanische Renaissance
der Panamerikanischen Ausstellung zu Buffalo in ihrer bunten Eigenart
war so viel. origineller und erfreuender, als diese blendend weissen, langen,
langweiligen Behausungen der Ausstellungsgegenstände. Nur als solche
präsentieren sie sich. Gerade weil die weisse Stadt am blauen See _ Chicagos
märchenhaft schöne Weltausstellung - so wunderbar gelang, hätte man
von jeder Ähnlichkeit der Bauart und Anlage absehen, ganz anderes, den
anderen Bedingungen angepasst schaffen müssen. Der blaue See, die kühle
s-