Vogelsludie von Harold Falkner
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So fand ich denn auch in den Skizzenbüchern Harold Falkners Seite
auf Seite hastig hingeworfene Bewegungsstudien, in denen das Charak-
teristische mit ungemein scharfer und präziser Beobachtung aufgefasst
und mit der Direktheit des japanischen Künstlers wiedergegeben ist.
Da sind Seiten, welche unwiderstehlich an Hokusai erinnern, ganze Reihen
von Studien desselben Tieres in den rasch aufeinander folgenden Bewegungs-
phasen.
Erst nachdem er durch langes Studium der Anatomie des Vogels, nach
dem ausgestopften Museumsexemplar, und seiner charakteristischen Bewe-
gung, nach der Beobachtung in der freien Natur oder im zoologischen
Garten sich vollständig mit seinem „Modell" vertraut gemacht hat, wagt
sich Falkner an die freiere, dekorative Behandlung des Motivs. Dann erlaubt
er sich die grosszügige Vereinfachung, das Auslassen aller überflüssigen Ein-
zelheiten, die Akzentuierung dessen, was er für typisch hält. Man sehe nur
die vier Pfauenstudien oder die Flamingogruppe an! Wie stolz reckt sich
der Hals des in Vorderansicht gezeigten Pfauen auf! Wie ausdrucksvoll ist
der Gang des seine langen, deckenartig ausgebreiteten Schwanzfedern über
den Kies ziehenden Vogels! Wie leicht scheinen sich die langhälsigen, seltsam
geformten Flamingos auf ihren stelzenartigen, dünnen Beinen zu wiegen!
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