Haustein baut einen ungefügen Sofakasten, dick und gedrungen wie für ein Block-
haus, und als Material für dies mammuthafte Gestell wählt er ein Holz in zarter, heller
Farbe und er bezieht es mit cremegelbem einfarbigen Atlas, der straff gespannt wie glasiert
erscheint, so straff, dass man fürchtet, die Haut müsse platzen. Als Schmuck wird den
Rückenteilen eine Stickerei mit rotleuchtenden paillettenartigen Effekten zu teil, eine
Flimmerdekoration. Diese Sitzmöbel scheinen ihre Einkleidung von Frauentoiletten, aber
nicht von geschmackvollen, gelernt zu haben.
Das mühsame, um jeden Preis originell sein wollende erkennt man auch an den
Verzierungen der Möbel, die nicht organisch aus ihrem Bau sich ergeben und wirkungs-
und ausdrucksvoll sind, sondern nur Randeinfälle.
Noch ein Raum verdient in dieser Keller- und Reiner-Ausstellung genannt zu werden,
die Halle, in der jetzt Max Klingers „Draxna" aufgestellt ist.
Mit weisem Takt ist hier alles schmückende Kleinwerk vermieden und nur eines galt,
eine stille gesammelte Stimmung zu schaffen.
In weichem lichten Grau schimmert der Raum. Die Wände sind glatt bespannt, an
ihnen ziehen sich gestühlartig Sitzbänke entlang, gleichfalls grau, mit tief roten Sammet-
kissen locker belegt und an dem Rand mit grossen gehämmerten Nägeln beschlagen.
Frei mitten im Raume ragt das Bildwerk.
Klinger nannte es „Drama", ein Kommentar erzählt, dass die Plastik als eine Ver-
herrlichung des Freiheitskampfes der Buren geplant wurde. Man braucht solche
Erklärungen und Auslegungen kaum und man kann diese Gruppe in ihrem machtvollen
Ausdruck des Ringens und der angespannten Kraft stark und tief empfangen, ohne dass
man die rein stoflliche Neugierde, um was der Mann auf dem Felsen kämpft, zu befriedigen
braucht.
Der Mann auf dem zerklüfteten Felsen, die Athletengestalt zur höchsten Kraft-
entfaltung gespannt, erscheint als ein Gegenbild des Siegfried der Nibelungen Not, der das
Schwert aus der Esche reisst. Auf dem Felsen stemmt er sich gegen den Baum und Arm
und Faust recken sich zu etwas Gewaltigern auf; die Kraft, die einen Urwaldstamm ent-
wurzelt, strafft sich in diesen Armen. Und darüber das Haupt, dessen Züge sprechen, dass
diese Kraft und Gewalt der kolossalen Glieder kein rohes zerstörerisches Element ist: -
das Haupt des Prometheus über dem Titanenkörper, auf einem Felsplateau ein Gewaltiger,
dessen Seele und Körper sich zu einer letzten ungeheuren Tat erheben, ein Wesen voll
Sturm und Drang, als sollte es sich selbst zersprengen -, so kann man dies Werk
betrachten und das weite Wort Drama, das keine einengenden stoiflich begrenzenden
Schranken zieht, ist ein gutes Motto dafür.
Die Grosskulptur hätte vielleicht noch machtvoller gewirkt, wenn Mann und Fels
allein gewesen wären.
Klinger aber brachte noch zwei weibliche Figuren an am Fusse des Steines, die eine
mit wunderbarem Kopf, doch in der Gestaltung im Verhältnis zu dem Stein nicht glücklich.
Sie wächst nicht heraus aus dem Felsen, sondern sie sitzt sehr gezwungen und gequält an
ihm, und das eine Bein erweckt die fatale Vorstellung, als habe es aus Mangel an Platz
sich einen Schlupfwinkel in dem Stein gewühlt; es steckt darin wie in einem Block gespannt.
Die andere Frauengestalt, als Akt sehr schön, ist vielleicht allzu ornamental für die sonst
so natürliche Behandlung des Körpers um den Fels rücklings herumgelegt.
Doch über all solchen Einwänden ragt überlegen und gross die Kraft und die Herr-
lichkeit des einsamen Kämpfers auf der Höhe.
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In Berlin kommt es allmählich auf, dass sich reiche Private von Künstlern einrichten
lassen. Leider nur zu selten in Eigenhäusern. So erfreulich der Fortschritt in der Erkennt-
nis ist, so sehr ist das Halbe der Massregel zu bedauern. Künstlerisch einrichten heisst
nicht Möbel entwerfen, sondern Raumkunst treiben. In der Mietswohnung aber ist dazu