Mischung aus Schmuck und Schmueklosigkeit. Zwei Pfostenschränke flankieren, zwischen
ihnen buchtet sich das Mittelstück im Halbbogen nach innen. Vom schwarzgrauen Holz,
seitlich gerahmt, leuchtet seine gewölbte Glaswand, die noch durch schmale mattsilberne
Leisten geteilt ist, hell mit ihrer Füllung des silbernen Gerätes auf dunklem Hintergrund,
auf. Ein Dach spannt sich darüber, über dem Mittelteil hohl in Muldenform -_ proportional
dem Rondell, das es bedeckt - über den Seitenschränken gerade sich abliachend und links
und rechts breit darüber hinwegragend wie ein Florentiner Dach. Ruhevoll gesammelter
Eindruck kommt daraus.
Die Türen der beiden Pfeilerschränke sind als ästhetischer Kontrast zu dem gläsernen
Bild des Mittelbaues ganz aus Holz, schlichte glatte Fläche, nur in dem oberen Teil ist
gleich einer Vignette ein rundes Zierstück ausgeschnitten, spielendes Holziiligran, so
phantasievoll, dass man es nur mit dem unerschöpflichen Nuancenreichtum japanischer
Schwertstichblätter vergleichen kann.
Eine mattblaue Platte liegt hinter diesem Durchbruch. Und die grossen ruhigen
Linien dieser Architektur bekommen durch dies Capriccio einen pikanten Accent und Grau,
Blau und Silber verklingen zu einer delikaten Einheit. Felix Poppenberg
HANDWÖRTERBUCH DER TEXTILKUNDE VON MAX HEIDEN.
Man kann wohl sagen, dass es kaum ein Gebiet des Kunstgewerbes gibt, das gleiches
künstlerisches, wissenschaftliches und praktisches Interesse beansprucht, wie die Textil- -
kunst. Die Textilindustrie stellt nicht nur zeitlich das erste Grossgewerbe dar, sondern ist
auch heute noch, wenigstens unter den künstlerischen Betrieben, der ausgedehnteste.
Trotzdem fehlten uns bis vor kurzem eigentlich die wichtigsten Übersichtswerke auf
diesem Gebiete. Es ist ja gewiss schon manche Einzelfrage in beachtenswerter Weise
aufgeworfen oder gelöst worden; aber es ist doch immer von Zeit zu Zeit nötig, den Versuch
eines Gesarntüberblickes zu unternehmen, da sonst das richtige Mass und der Zusammen-
hang der Einzelheiten verloren geht.
Auf rein kunstgeschichtlichem Gebiete mit besonderer Betonung des entwicklungs-
geschichtlichen Momentes ist dieser Versuch in der letzten Zeit vom k. k. Österreichischen
Museum für Kunst und Industrie gemacht worden; in lexikalischer Form sucht Max Heiden"
das Wissenswerteste zusammenzufassen. Es ist eine Arbeit, die sich sowohl an Historiker,
Museumsbeamte, Kunstfreunde als Praktiker wendet, und es möge gleich vorausgesendet
sein, dass wohl jeder dabei zufrieden gestellt werden wird.
Auf mehr als 650 Grossoktavseiten ist ein geradezu erstaunlich umfassendes Material
zusammengetragen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert, die, wenn auch klein, für
den Zweck erster Instruktion völlig genügen. Gerade zur Vermittlung der Fachliteratur ist
das Werk von besonderer Bedeutung.
Da der Verfasser des „Handwörterbuches" durch viele Jahre Vorstand der grossen
Textilsammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums war, braucht er sich keineswegs darauf
zu beschränken, die vorhandene Literatur auszunützen, was er wie gesagt mit allem Rechte
in vollem Masse getan hat; sondern er kann vielfach auch von seinen eigenen Erfahrungen
beitragen.
Doch sind die Artikel immer möglichst sachlich gehalten, deuten manchmal in ganz
objektiver Weise auch einander entgegenstehende Meinungen an.
Natürlich können die grösseren historischen und stilistischen, sowie auch die
schwierigeren technischen Fragen nicht ganz klar werden; aber das zu erwarten, wäre
auch ein unbilliges Verlangen an ein Lexikon, das vor allem rasche Aufklärung über
möglichst viele Einzelheiten bieten soll.
Es mag ja manche Kleinigkeit fehlen, auch irrig sein, auch mag man vielleicht manche
historische und stilistische Erscheinung anders auffassen können, und der Referent hat
' Max Heiden, Handwörterbuch der Textilkunde aller Zeiten und Völker. Stuttgart (Ferdinand Enke),
xgo4. Preis zu Mark.