Osuwa-Tempel in Nagasaki
Der komplizierte und raffinierte Apparat einer hochentwickelten kunst-
gewerblichen Durchbildung wurde bei diesen riesigen Holzbauten an-
gewendet als ob es sich um zierliche Möbel handelte; und wer im Bau
begriffene Ternpelanlagen besucht, sieht zu seiner Verwunderung, wie die
einzelnen Bauteile in sorgfältig gearbeiteten Gehäusen auf den Bauplatz
kommen, damit ihre reichen Details vor Schaden bewahrt werden.
An eigentlichen Grundmotiven ist die japanische Architektur nicht
gerade reich. Mit geringen Ausnahmen (etwa den zweigeschossigen teilweise
zylindrischen Tö-Bauten) sind immer strenge Rechteckforrnen die Grundlagen
der Grundrißbildung; polygonale oder kreisförmige Planbildungen kommen nur
ganz ausnahmsweise und in untergeordneter Verwendung vor. Das Schwer-
gewicht alles dekorativen Aufwandes liegt in der Ausbildung der Dachformen
und des Überganges von der Wand zum Dach; die Grundelemente sind
zwar auch für das Dach nicht sehr zahlreich, der Sattel, der Walm, der
Giebel, die Pyramide sind den rechteckigen Aufbauten entsprechend die
Hauptformen. Aber die Art, wie diese durchgebildet sind, ist ganz spezifisch
ostasiatisch und japanisch. Ein reizvoll ausgebildetes System von Kurven
und Gegenkurven, die man fast mit dem modernen Wort „Ernpiindungs-
linien" bezeichnen möchte - da konstruktive Ursachen eigentlich nicht