Tempeltor und Einfriedung, Shiba, Tokio
und traditioneller Momente. Vor einer modernen bauwissenschaftlichen
Prüfung können sie natürlich nur im Lichte künstlerisch-sorgloser Aus-
nützung reicher Materialvorräte bestehen. - Die Bauökonomie und
konstruktive Logik wird auch hier ihre zerstörende Wirkung üben wie in
Europa. Wir sehen hier an einem typischen Beispiel bestätigt, was wir auch an
den Meisterwerken unserer alten Baukunst beobachten können, daß gerade
durch „Überkonstruktion", das heißt durch reichlichere Verwendung von
Konstruktionsmaterial, als die wissenschaftliche Begründung verträgt, oft
die schönsten und eigenartigsten Wirkungen entstehen.
Unsere moderne, von der Mathematik gezügelte Ästhetik wird sich
ganz neue Werte schaffen müssen und ist ja im Begriffe es zu tun; sie muß
jeder direkten Nachahmung solcher für uns unerreichbarer, aber darum nicht
minder reizvoller Leistungen aus dem Wege gehen, aber sich neue eigene
Wege suchen.
Wir werden übrigens noch zu erörtern haben, wie die größten Gegen-
sätze und extremsten Standpunkte auch auf baulichem Gebiete in Japan
ihre Vertretung finden, wie dem überschwenglichen Formen- und Material-
reichtum der Kultbauten eine unendlich ökonomische und fast nüchterne
aber nie geschmacklose Befriedigung der bürgerlichen Wohnbedürfnisse
gegenübersteht. Das Grundmotiv des geschwungenen Daches wurde zwar
auch von dieser übernommen, aber als fast einziger Schmuck, der zumeist
eingeschoßigen Bauwerke. Die heftigen Regengüsse der im Juni und Juli ein-
tretenden Regenzeit, die arge Somrnerhitze lassen diesen weit vorragenden
massiven Schutz auch für das Wohnhaus nötig erscheinen.
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