MAK

Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 2)

zwischen dem Bau der Pflanze 
und dem Gefäß, das sie auf- 
nehmen soll, in ein eigenartiges 
spezifisch japanisches System 
gebracht hat, daß Keramik und 
Metalltechnik der ausgebildeten 
Pflanzenkultur entgegen kommen, 
das sind Momente, die dem Euro- 
päer schon im Innern des Wohn- 
hauses überraschende Eindrücke 
verschaffen. Gesteigert treten sie 
auf, wo auch die freie Natur mit- 
hilft; da schreiten wir von der nie 
fehlenden Veranda des Hauses 
hinab auf zierlich durch Setzsteine 
gebildeten Wegen zwischen Stein- 
laternen und Felsstücken weiter 
zu geschmückten, edel geschwun- 
genen Brücken, an Wasserläufen 
entlang zu Teichen, die mit blühen- 
dem Lotus bedeckt sind, zu Lauben, 
in denen die blauen Blütentrauben 
der Wisteria in dichtem Regen 
herabhängen, und genießen überall 
reizvolle Ausblicke auf Baum- oder 
Strauchgruppen und Bauwerke, 
Felsen und grüne Flächen, die 
alle zusammengehörig erscheinen. Wir empfinden, daß hinter der schein- 
baren Nachbildung eine Fähigkeit sich verbirgt, gewollte reizvolle Eindrücke 
im Beschauer unwiderstehlich hervorzurufen und so die Stimmung, welche 
das Bauwerk atmet, in seiner Umgebung fortzusetzen. 
Und damit haben wir gleichzeitig auch das Geheimnis berührt, dem 
die gesamte Architektur Japans ihre Wirkung verdankt. Es ist die entwickelte 
Fähigkeit, dem eigenen Empfinden auf allen Gebieten einen Ausdruck zu 
verleihen, der dem Beschauer die Stimmung des Schaffenden vermittelt. 
Die unglaubliche Anspruchslosigkeit der Bevölkerung und die aufrichtige 
Liebe für handwerkliche Tätigkeit, zähe Ausdauer und ein angeborener 
Geschmack haben aus dem Erbe fremder Kulturen in Japan eine eigenartige 
künstlerische Kultur entstehen lassen, die ihren mächtigen Eindruck auf 
Europa nicht verfehlen konnte, als sie aus ihrer Abgeschlossenheit heraustrat. 
Sie hat ihre wohltätige Wirkung auf europäische Kunsttätigkeit ausgeübt 
und verdient darum sicher auch auf jenen Gebieten studiert zu werden, die 
heute trotz der mächtig angeschwollenen Japanliteratur noch nicht genügend 
aufgehellt sind. 
Bucheinband von Charles Meunier 
17'
	        
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