330 Mittelschulen: VII. Geographie. Gesetzliche Bestimmungen und Lehrbücher.
Zeit nichts geändert, wohl aber begann mit dem Regierungsantritte Kaiser
Franz I. eine Periode neuer Experimente auf dem Gebiete des Gymnasial-
Unterrichtes, bei welchen aber der geographische Unterricht noch verhältniss-
mässig gut wegkam. Wohl wurde in des Grafen H. F. Rottenhann Gutachten
die Ertheilung des geographischen Unterrichtes in lateinischer Sprache
empfohlen, aber es kam nicht zur Durchführung dieser Sonderbarkeit, vielmehr
erscheint in dem von dem Piaristen F. J. Lang ausgearbeiteten Lehrplan für
sechsclassige Gymnasien, welcher der im Jahre 1795 zusammengetretenen
Studien-Revisionskommission vorgelegt wurde, der geographisch-historische
Unterricht mit 31 wöchentlichen Stunden angesetzt, und zwar wurde das geo
graphische Pensum in folgender Weise vertheilt:
I. Classe: Elemente der Geographie, durch fleissiges Kartenzeichnen unterstützt.
II. Classe: Alte Geographie.
III. und IV. Classe: Neue Geographie.
V. und VI. Classe: Fortsetzung der neuen Geographie mit Berücksichtigung statistischer
Daten. —
In den die Grundziige des Lehrplanes begleitenden methodischen Andeu
tungen zeigt sich der tüchtige praktische Schulmann; mit Nachdruck wird die
Wichtigkeit des physischen Momentes in der Geographie betont und ausdrück
lich Alles verdammt, was ausschliesslich nur auf mechanischer Gedächtniss-
arbeit beruht; es finden sich praktische Fingerzeige in Bezug auf die Anregung
des Schülers zur Selbstthätigkeit, und bei dem geschichtlichen Unterrichte wird
ausdrücklich die stete Berücksichtigung der Geograjthie gefordert.
Was aber diesen Lehrplan vor Allem auszeichnet, ist die Aufstellung der
Geographie als eines selbstständigen Lehrfaches bis in die oberste Classe;
der Lang’sche Lehrplan strebte damit nach einem Ziele, das auch der Gegen
wart noch zu erreichen Vorbehalten ist.
Es dauerte indessen bis in das Jahr 1805, dass der neue Lehrplan die
kaiserliche Sanction erhielt — leider in mannigfach veränderter Form. Die
Geographie verlor zum Theile wieder ihre Stellung als selbstständige Disciplin,
der geographisch - historische Unterricht wurde auf 16 —18 wöchentliche Stun
den beschränkt, und in den vorgeschriebenen geographischen Lehrbüchern 1 ) der
Unterrichtsstoff in ganz zweckwidriger Weise geordnet. Die dem Lehrplane
beigegebenen Instructionen für die Lehrer und beig'efügten Bemerkungen
über die Benützung der Schulbücher enthalten viel Richtiges und Beherzigens-
werthes. So wird davor gewarnt, Geographie und Geschichte bloss als Ge-
dächtnisssache zu behandeln, „wodurch der ganze Endzweck dieses Unterrichtes
verfehlt wird”; über die Verbindung zwischen dem geographischen und histori
schen Unterrichte wird mit grossem Verständnisse gehandelt und dabei aus
drücklich betont, dass die Geographie keineswegs als blosse Hilfswissenschaft
1) „Kurzer Entwurf der alten Geographie.” „Lehrbuch der neuesten Geographie”, eigentlich
nur politische Geographie, in welcher die Staaten nach dem Range (!) geordnet erscheinen.